Die
statische Amortisationsrechnung wird zur Lösung vieler vermeintlich einfacher Problemstellungen eingesetzt. Z. B. wird ermittelt, wie lange es dauert, bis sich eine Balkonsolaranlage amortisiert hat, also wann die
Stromeinsparungen in der Summe die
Anfangsinvestition erreicht haben. Je schneller dies geschieht, umso besser ist danach die Investition.
Neben der Bezeichnung der Amortisationsrechnung findet man auch noch die Begriffe
Break-even-Rechnung, Payback-Rechnung und
RoI (Return of Investment). Die letzte Abkürzung ist doppelt belegt, weil sie auch für
Renditen gilt, wobei die Abkürzung dann für Return on Investment steht.
Üblicherweise wird die statische Amortisationsrechnung zur
statischen Investitionsrechnung gezählt, obwohl sie auf ganz anderen Grundlagen beruht und es praktisch keine Gemeinsamkeiten gibt. Deswegen können die bisherigen Beiträge
nur wenig helfen.
Die statische Amortisationsrechnung stellt im Rahmen einer Investitionsrechnung nur ein
Sicherheitskriterium dar, was weiter unten noch ausgeführt wird. Statt auf Leistungen/Nettoumsätze und Kosten beruht sie auf
Zahlungen, was ein Fortschritt gegenüber den oben erwähnten Methoden bedeutet.
Allerdings werden in der statischen Variante keine Zinsen berücksichtigt, so dass eine hohe Kapitalbindung nicht bestraft wird.
Statische Amortisationsrechnung
Grundgedanke der Amortisation
In der Investitionsrechnung lassen sich mehrere
Gruppen von
Verfahren unterscheiden:
- Absolute Kriterien wie die Gewinnvergleichsrechnung, der Kapitalwert, der Endwert und ähnliche.
- Relative Kriterien, welche als Ergebnis eine Rendite ausweisen. Beispiele sind die Renditevergleichsrechnung, der interne Zinsfuß, die Kapitalwertrate, die VoFi-Verzinsung und ähnliche (vgl. z. B. Varnholt/Hoberg/Wilms/Lebefromm, S. 84 ff.).
- Zeitorientierte Kriterien wie der Amortisationsrechnung in ihrer statischen und dynamischen Version.
Mit der statischen Amortisationsrechnung soll ermittelt werden, ab wann sich eine getätigte Investition gerechnet hat. Dieser Zeitpunkt ist erreicht, wenn die
kumulierten Auszahlungen gerade von den
kumulierten Einzahlungen gedeckt werden. Grundlage ist somit eine Sicherheitsüberlegung. Eine Investition ist danach umso besser, je schneller die Anfangsauszahlungen wieder zurückfließen.
Ein klarer
Vorteil der Amortisationsmethode liegt in ihrer (scheinbaren)
Einfachheit. In der einfachsten Variante werden nur die Höhe der Investition und die jährlichen durchschnittlichen Überschüsse benötigt.
Mit der Ermittlung der Anschaffungsauszahlung werden allerdings nicht selten die ersten Fehler begangen. Die meisten
größeren Investitionen werden in viele Teilzahlungen aufgeteilt. Diese müssten eigentlich zunächst auf einen
einheitlichen Startzeitpunkt (t = 0) bezogen werden. Auf ihn sind alle Teilzahlungen über Auf- und Abzinsungen zu beziehen (vgl. zu dieser intraperiodischen Verzinsung Varnholt/ Hoberg/Wilms/Lebefromm, S. 32 ff.). Im Folgenden sei unterstellt, dass dies für die Anfangsauszahlung A
0 bereits geschehen sei.
Berechnung der statischen Amortisation
Die Grundidee liegt in der Frage, wie lange es dauert, bis eine
Anschaffungsauszahlung A0 durch die Überschüsse abgedeckt wird. In der Praxis findet sich häufig der Ansatz, dass die jährlichen Umsätze abzüglich der laufenden Kosten als Überschuss definiert werden. Dies ist nicht korrekt. Statt auf Umsatz und Kosten ist auf die
Zahlungsüberschüsse abzuzielen. Diese fallen aber nur ausnahmsweise am Jahresende an, was jedoch auch die Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung fordern.
In jedem Fall ist eine
intraperiodische Verzinsung durchzuführen, um die Zahlungen auf das
Jahresende zu beziehen. Im Weiteren ist zu unterscheiden, ob die Überschüsse periodenspezifisch erfasst werden müssen oder ob es näherungsweise ausreicht, einen immer gleich hohen Einzahlungsüberschuss für die gesamte Laufzeit zu unterstellen.
Dies ist teilweise bei
Rationalisierungsinvestitionen der Fall, wenn als Folge einer Investition jedes Jahr eine bestimmte Stundenanzahl an Personal eingespart werden kann. Genau genommen müssten noch die
Lohnsteigerungen berücksichtigt werden; ansonsten aber kann näherungsweise von gleich hohen Überschüssen ausgegangen werden.
Verfahren für gleichmäßige Überschüssen
Kriterium für die Vorteilhaftigkeit nach dem Amortisationsverfahren ist, ob die ermittelte Amortisationsdauer unter einer vorgegebenen liegt. Diese Vorgaben können die meisten Unternehmen nicht substantiell begründen, außer dass eine
Geschäftsführungsvorgabe existiert.
Dies ist problematisch und muss noch diskutiert werden. Wie beschrieben wird die erwartete Amortisationsdauer berechnet, welche die Handlungsmöglichkeit benötigt, um die Anfangsinvestition A
0 wieder "einzuspielen".
Die
Formel der statischen Amortisationsdauer SAD
g für den Fall
gleichmäßiger Überschüsse ü lautet damit:
SADg
|
Statische Amortisationsdauer bei gleichmäßigen Überschüssen
|
A0
|
Anschaffungsauszahlung, bezogen auf t = 0, in €0
|
ü
|
Durchschnittliche Einzahlungsüberschüsse (EZ-AZ) pro Jahr
|
Wie sich aus der Formel erkennen lässt, sind Zinsen nicht abgebildet. Sie werden nicht berücksichtigt, was – leider – ein Kennzeichen der statischen Variante der Amortisationsrechnung darstellt. Erst in der
dynamischen Amortisationsrechnung erfolgt die Abbildung der Zinsen.
Als
Entscheidungsregel wird zum Beispiel eine Amortisation von unter 3 Jahren gefordert. Dann wird die Handlungsmöglichkeit als vorteilhaft eingestuft.
Beispiel
Eine
Anschaffungsauszahlung von 1.000 T€
0 führe zu durchschnittlichen
Einzahlungsüberschüssen ü von 400 T€ pro Jahr. Die erwartete Laufzeit betrage 5 Jahre. Damit ergibt sich die statische Amortisationsdauer zu:
SADg
|
=
|
1.000 T€0
|
=
|
2,5 Jahre.
|
400 T€/Jahr
|
Die Gleichung mit ihren Einheiten lässt sich auch schreiben als:
SADg
|
=
|
1.000 T€0
|
=
|
2,5 Jahre.
|
400 T€1;5
|
Die Einheit T€
1;5 bedeutet, dass gleichmäßige Zahlungen an den Zeitpunkten 1 bis 5 anfallen (vgl. zu dieser genaueren Schreibweise Hoberg (2018), 468 ff.) bzw. auf diese Zeitpunkte bezogen wurden. Ausführlich lässt sich die Berechnung dieser Amortisationsdauer wie folgt in einer Tabelle darstellen:
Zeile
|
Jahresende t =
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
0
|
Einheit
|
T€0
|
T€1
|
T€2
|
T€3
|
T€4
|
T€5
|
1
|
A0
|
–1.000
|
|
|
|
|
|
2
|
Einzahlungen
|
0
|
800
|
800
|
800
|
800
|
800
|
3
|
Auszahlungen
|
0
|
–400
|
–400
|
–400
|
–400
|
–400
|
4
|
Zahlungsüberschuss
|
–1.000
|
400
|
400
|
400
|
400
|
400
|
5
|
kumuliert
|
–1.000
|
–600
|
–200
|
200
|
600
|
1.000
|
6
|
SADg in Jahren
|
|
|
|
2,5
|
|
|
Abb. 1: Statische Amortisationsdauer SADg bei gleichmäßigen Zahlungen
Die ersten 3 Zeilen enthalten die
erwarteten Zahlungen für die nächsten 5 Jahre. In Zeile 4 werden alle Zahlungen für jedes Jahresende in einem Zahlungsüberschuss zusammengefasst. Dabei sei nochmals darauf hingewiesen, dass alle Zahlungen für jedes Jahresende verzinslich auf das jeweilige Jahresende bezogen werden müssen, was in der Praxis nicht selten unterbleibt.
Da in der statischen Amortisationsrechnung keine Zinsen einbezogen werden, können in Zeile 5 die Zahlungsüberschüsse ohne weitere Verzinsungen kumuliert werden. Nach 2 Jahren beträgt der
Saldo noch –200 T€
2 (Zeile 5), bevor er dann im Jahr 3 auf +200 T€
3 springt. Wie oben in der Formel berechnet wurde, beträgt die Amortisationsdauer 2,5 Jahr.
Die
Handlungsmöglichkeit wäre somit vorteilhaft, wenn der Grenzwert der maximalen Amortisationsdauer bei 3 Jahren läge. Für weitere Handlungsmöglichkeiten gilt zunächst auch, dass ihre Amortisationsdauer unter der Vorgabe von 3 Jahren liegen muss.
Verfahren mit unregelmäßige Überschüssen
Gleichmäßige Zahlungsüberschüsse sind selten, insb. wenn man an
Restwerte denkt, die am Ende zu hohen positiven oder negativen Zahlungen führen können. (vgl. detaillierter Hoberg (2015), S. 1337 ff.). Insofern verbietet sich die Anwendung der obigen Formel, wenn die Überschüsse unregelmäßig anfallen.
Aber das obige Schema aus der Abb. 1 kann angewendet werden. Für jedes Jahresende werden wieder die
Einzahlungsüberschüsse (Zeile 4) von der (verbleibenden) Anschaffungsauszahlung (Zeile 5) abgezogen. Die Amortisation ergibt sich in der Periode, in welcher die Differenz in Zeile 5 von Minus ins Plus wechselt. Dies sei an dem folgenden Beispiel für Handlungsmöglichkeit 2 gezeigt:
Zeile
|
Jahresende t =
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
0
|
Einheit
|
T€0
|
T€1
|
T€2
|
T€3
|
T€4
|
T€5
|
1
|
A0
|
–1.000
|
|
|
|
|
|
2
|
Einzahlungen
|
0
|
900
|
1.000
|
400
|
800
|
0
|
3
|
Auszahlungen
|
0
|
–400
|
–400
|
–400
|
–400
|
–400
|
4
|
Zahlungsüberschuss
|
–1.000
|
500
|
600
|
0
|
400
|
–400
|
5
|
kumuliert
|
–1.000
|
–500
|
100
|
100
|
500
|
100
|
6
|
SADu in Jahren
|
|
|
1,83
|
|
|
|
Abb. 2: Statische Amortisationsdauer SADu für ungleichmäßige Zahlungen (HM2)
Nach einem Jahr sind für die Handlungsmöglichkeit 2 (HM2) gemäß Zeile 5 noch –500 T€
1 zu amortisieren. Dies geschieht in der zweiten Periode durch den Überschuss von 600 T€
2.
Es wird – mangels anderer Informationen – angenommen, dass sich dieser Betrag
zeitproportional aufbaut, so dass in der zweiten Periode nach 500/600 = 0,83 Jahren der Ausgleich erfolgt. Die Amortisation liegt mit dann 1,83 Jahren früher als in Abb. 1, was nach den Spielregeln der Amortisationsmethode bedeutet, dass die Handlungsmöglichkeit 2 gemäß Abb. 2 vorzuziehen ist.
Wenn man allerdings auf die
kumulierten Überschüsse nach 5 Jahren in Zeile 5 schaut, ist die Handlungsmöglichkeit 1 mit 1.000 T€
5 vs. 100 T€
5 bei HM2 viel besser. Es würde somit eine Fehlentscheidung getroffen, weil die Informationen nach dem Amortisationszeitpunkt nicht berücksichtigt werden.
Dies stellt auch das
größte Problem der Amortisationsmethode dar. Sie vernachlässigt die Zahlungen nach dem Amortisationszeitpunkt, obwohl sie vorliegen. Insbesondere der Restwert spielt keine Rolle, was nur in Ausnahmefällen richtig sein kann.
Das folgende Beispiel ist so gewählt, dass nach der erfolgten Amortisation zum Ende des zweiten Jahres
negative Überschüsse kommen, weil diese Handlungsmöglichkeit z. B. aufgrund einer lang dauernden Erweiterungsinvestition im dritten Jahr weniger Einzahlungen aufweist.
Diese möge dazu führen, dass nach 3 Jahren wieder ein
negativer Saldo in Zeile 5 auftritt. Durch erneut
positive Überschüsse in Periode 4 kann nach 4 Jahren eine weitere Amortisation ausgewiesen werden, weil der negative kumulierte Saldo (Zeile 5, für t = 3) in t = 4 wieder positiv wird.
Zeile
|
Jahresende t =
|
0
|
1
|
2
|
3
|
4
|
5
|
0
|
Einheit
|
T€0
|
T€1
|
T€2
|
T€3
|
T€4
|
T€5
|
1
|
A0
|
–1.000
|
|
|
|
|
|
2
|
Einzahlungen
|
0
|
900
|
1.000
|
200
|
800
|
0
|
3
|
Auszahlungen
|
0
|
–400
|
–400
|
–400
|
–400
|
–400
|
4
|
Zahlungsüberschuss
|
–1.000
|
500
|
600
|
–200
|
400
|
–400
|
5
|
kumuliert
|
–1.000
|
–500
|
100
|
–100
|
300
|
–100
|
6
|
SADu in Jahren
|
|
|
1,83
|
|
3,25
|
|
Abb. 3: Mehrere Amortisationszeitpunkte
Nach einem positiven Saldo gemäß Zeile 5 nach 4 Jahren gibt es am Ende wieder einen negativen Überschuss, welcher das Projekt ins Minus zieht, obwohl es sich 2 Mal amortisiert hat…
Probleme der Amortisationsmethode
Gerade weil die Amortisationsmethode noch häufig eingesetzt wird, muss herausgearbeitet werden, an welchen Stellen ihr Einsatz methodisch fragwürdig wird und somit zu
Fehlentscheidungen führen kann. Die obigen Beispiele geben bereits wichtige Hinweise.
Insbesondere bei
alleiniger Anwendung können Fehlentscheidungen möglich werden. Von Fehlentscheidungen muss gesprochen werden, wenn eigentlich gute Handlungsmöglichkeiten abgelehnt werden bzw. wenn eigentlich schlechte akzeptiert werden. Wie oben gezeigt kann es sogar mehrere Lösungen geben.
Falsche Vorteilhaftigkeit
Es gibt Fälle, in denen zwar zunächst eine frühe Amortisation erreicht wird und damit die Handlungsmöglichkeit als positiv angesehen wird. Aber später können noch
hohe Auszahlungen kommen, welche die Vorteilhaftigkeit aufheben (vgl. Abb. 3).
Zu fragen wäre, ob spätere Auszahlungen verhindert werden könnten, wenn die Handlungsmöglichkeit früher beendet wird. Zumindest für Entsorgungen am Ende der Laufzeit dürfte das kaum möglich sein. Wurde beispielsweise ein Braunkohlegebiet ausgebaggert, so muss die teure Renaturierung in jedem Fall durchgeführt werden. Ein zwischenzeitliches Feststellen einer Amortisation ist fahrlässig, solange solche Auszahlungen nicht berücksichtigt wurden.
Falsche Unvorteilhaftigkeit
Der umgekehrte Fall kann bei
lang laufenden Handlungsmöglichkeiten vorliegen, wie es oft bei neuen Technologien der Fall ist. Diese benötigen häufig viele Jahre bis zur Marktreife. Wenn dann aufgrund einer ermittelten Amortisationsdauer von z. B. über 3 Jahren entschieden wird, dass die Handlungsmöglichkeit nicht vorteilhaft ist, kann die Basis des Unternehmens gefährdet werden. Denn in späteren Jahren kann dem Unternehmen dann das Knowhow fehlen. Dies gilt dann, wenn in späteren Jahren hohe Rückflüsse zu erwarten gewesen wären.
Vernachlässigung der Kapitalkosten in der statischen Variante
Es ist offensichtlich, dass die statische Variante irreführend werden kann, wenn wesentliche Kosten wie die
Kapitalkosten keine Berücksichtigung finden. Aber gerade diese Variante ist in der Praxis leider häufig zu finden.
Nur wenige Unternehmen können exakt begründen, warum eine bestimmte Zeitdauer als
zeitliche Obergrenze für die statische Amortisation verwendet wird. Der Autor hat an anderer Stellen (Hoberg (2009), S. 2111 ff.) einen fundierten Ansatz vorgestellt, mit dem sich die maximale Amortisationsdauer unter Berücksichtigung von Zinsen nachvollziehbar festlegen lässt. Damit hätte man dann die Möglichkeit, von der Einfachheit der Methode zu profitieren, ohne bei der Festlegung der Maximaldauer der Amortisation ungenau zu sein.
Bei gleichmäßig hohen Überschüssen kann man dann bei Kenntnis der ungefähren Laufzeit eine maximale Amortisationszeit ausrechnen, nach der das eingesetzte Kapital ohne Zinsen wieder "eingespielt" sein muss. Dafür sei das folgende Beispiel angeführt.
Es sei ermittelt worden, dass der
Kalkulationszinssatz 10 % betrage, berechnet als Mischzinssatz aus Eigen- und Fremdkapitalverzinsung. Wenn jetzt die betrachtete Klasse von Investitionen (z. B. Rationalisierungsinvestitionen) üblicherweise über 4 Jahre läuft, lässt sich ermitteln, wie hoch die Barwertsumme unter Einschluss von Zinsen ist.
Unter Zugrundelegung der Daten des Beispiels (tn = 4, i = 10 %) ergibt sich ein
Barwertfaktor unter Berücksichtigung der Zinsen von 3,17 €
0 / €
1;4 (vgl. zu den Faktoren Varnholt/ Hoberg/ Wilms/ Lebefromm, S. 48 ff.). Wenn also unter den obigen Annahmen die statische Amortisation unter 3,17 Jahren liegt, kommt es zu einem
positiven Kapitalwert und Endwert. Damit ist dann sichergestellt, dass die notwendigen Zinsen in der verbleibenden Zeit bis t = 4 erwirtschaftet werden.
Es müssen als kritische Amortisationszeit somit nur die Barwertfaktoren angegeben werden Mit dieser Umrechnung betriebswirtschaftlich korrekter Annahmen in die statische
Soll-Zeiträume kann die Vorgabe der kritischen Amortisationsdauer fundierter erfolgen. Damit bleibt die Einfachheit des Verfahrens erhalten und trotzdem sind die Ergebnisse fundierter.
Es sei aber nochmals darauf hingewiesen, dass dies nur ein
Notbehelf ist, um einen der vielen Kritikpunkte zu entschärfen. Insb. bei unregelmäßigen Zahlungen kann der Ansatz nicht funktionieren.
Sunk Cost
Wie oben ausgeführt besteht der wesentliche Nachteil der Amortisationsrechnung darin, dass Zahlungen nach dem Amortisationszeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden. Es kann also wie in Abb. 3 passieren, dass eine Handlungsmöglichkeit kurz nach dem Erreichen der Amortisation wieder ins Minus rutscht.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob eine Handlungsmöglichkeit dann nach Erreichen des Amortisationszeitpunktes einfach abgebrochen werden kann, um so das positive Ergebnis zu retten. Ein
Abbruch dürfte aber wohl in den meisten Fällen nicht ohne weitere Auszahlungen möglich sein. Denn selbst bei Einstellung z. B. eines Produktes müssen
Abfindungen gezahlt werden, Mieten können weiterlaufen und Garantie und Wartungen müssen weiter erbracht werden. Zu prüfen ist auch, wie sich der Restwert in einem solchen Fall entwickelt. Bei Fahrzeugen kann er höher
liegen, aber z. B. bei
Rückbauverpflichtungen können diese kaum vermieden werden und ggf. noch früher kommen. Wenn eine Handlungsmöglichkeit erst einmal gestartet ist, werden einige der zukünftigen Auszahlungen nicht zu stoppen sein. Ihr Einfluss muss dann für den Fall früher Beendigung berücksichtigt werden. Es bleibt somit festzuhalten, dass eine vorzeitige Beendigung sehr sorgfältig geprüft werden muss. Ein Teil der zukünftigen Auszahlungen wird sich nicht verhindern lassen, so dass ggf. auch die Amortisation gefährdet wird.
Amortisationsdauer bei mehreren Handlungsmöglichkeiten
Nach Berechnung der Amortisationsdauer muss beurteilt werden, ob das Ergebnis akzeptabel ist, also die Handlungsmöglichkeit durchgeführt werden soll. Einmal muss geprüft werden, ob wesentliche
qualitative Aspekte berücksichtigt werden müssen, so dass die modifizierte Nutzwertanalyse (NWAplus) angewendet werden sollte (vgl. hierzu Hoberg (2021, S. 181 ff. ).
Im Weiteren ist zu unterscheiden, ob aus mehreren Handlungsmöglichkeiten die beste herausgesucht werden soll oder ob bestimmt werden soll, ob eine spezielle Handlungsmöglichkeit vorteilhaft ist oder nicht. Im letzteren Fall muss ein Vergleich durchgeführt werden gegen eine wie auch immer geartete
Soll-Amortisationsdauer. Diese wir in den meisten Unternehmen sehr laienhaft vorgegeben, und zwar ohne Berücksichtigung der individuellen Entscheidungssituationen.
So findet man auch in Großunternehmen die Regel, dass die Amortisationszeit z. B. unter 3 Jahren liegen soll. Gerade bei
Kapitalmangel kann dies zu verheerenden Entscheidungen führen. Eine geeignetere Festlegung wurde Absatz 3 beschrieben. Wenn es Konkurrenz um ein knappes Investitionsbudget gibt (Engpasssituation), würde die alleinige Anwendung der Amortisationsmethode dazu führen, dass zunächst die Handlungsmöglichkeiten mit den kürzesten Amortisationsdauern realisiert würden.
Wichtige
langfristige Investitionen würden ev. nicht genehmigt, weil sie zu lange brauchen, um sich nach der langen Entwicklungsphase im Markt durchzusetzen. Dies kann dann das Aus für lang laufende – meist strategische – Investitionen bedeuten.
Fehlanreiz für das Management
Wenn es um die Genehmigung einer Handlungsmöglichkeit geht, werden die Manager sicher nicht eine Version mit 3,3 Jahren Amortisation einreichen, wenn 3 Jahre vorgegeben sind. Es gibt genügend Tricks, um die
3-Jahresgrenze zu unterschreiten.
So ist es einfach, die Auszahlungen für eine teure Maschinenüberholung erst Anfang des vierten Jahres zu planen, zumindest auf dem Papier. Später wird man einen Grund finden, sie doch pünktlich am Ende des dritten Jahres durchzuführen. Und wie oben kritisiert wurde, werden die Auszahlungen nach dem Amortisationszeitpunkt nicht mehr beachtet. Damit würde die Investition vorteilhaft…
Zusammenfassung
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die statische Amortisationsvergleichsrechnung auf keinen Fall als einziges Kriterium eingesetzt werden darf. Maximal möglich ist ihr Einsatz als
ergänzendes Sicherheitskriterium. Aber auch dann schränkt die fehlende Berücksichtigung der Kapitalkosten die Aussagekraft stark ein.
Die Praxis ist leider in vielen Unternehmen noch nicht so weit, zumal die Anwendung eines solchen Kriteriums die kurzfristige Ausrichtung der Entscheidungen unterstützt. Diese wird leider von vielen Managern im Interesse ihrer kurzfristigen Boni verfolgt.
In dieses Bild passt, dass das Management sich teilweise monatlich rechtfertigen muss, wenn die Ergebnisse nicht steigen. An Stelle der statischen Verfahren empfehlen sich
vollständige Finanzpläne (VoFis), die methodisch überlegen sind und durch den Einsatz von
Tabellenkalkulationen leicht handhabbar sind.
Sie liefern als Nebenergebnis auch die Amortisationsdauer, und zwar gleich die dynamische. Der erfahren
Controller wird also eine umfangreiche Analyse durchführen, um zu überprüfen, ob die Ergebnisse der Amortisationsrechnung mit denen guter Analysen übereinstimmen. Erst im positiven Fall wird er die statische Amortisation nennen, um auch denjenigen zu helfen, die bei ihrer Ausbildung bei der Amortisationsrechnung stehengeblieben sind.
Literaturverzeichnis
- Brealey, R., Myers, S., Marcus, A.: Fundamentals of Corporate Finance, Global Edition, 10. Edition, McGraw-Hill 2020.
- Götze, U.: Investitionsrechnung, Modelle und Analyse zur Beurteilung von Investitionsvorhaben, 7. Auflage, Berlin/Heidelberg 2014.
- Hoberg, P. (2009): Pay-Back-Kalkulation - Risiken und deren Vermeidung, in: Der Betrieb, Heft 40/2009, S. 2111-2115.
- Hoberg, P. (2015): Restwerte in der Investitionsrechnung, in: Wisu 7/2015, 44. Jg., S. 1337-1342.
- Hoberg, P. (2017): Fallen beim Internen Zinssatz vermeiden, in: Betriebswirtschaft im Blickpunkt, 8/2017, S. 215-222.
- Hoberg, P. (2018): Einheiten in der Investitionsrechnung, in: WISU, 47. Jg., 4/2018, S. 468-474.
- Hoberg, P. (2021): Modifizierte Nutzwertanalyse, in: Wisu, 51. Jg., Heft 2- 2021, S. 181-189.
- Varnholt, N., Hoberg, P., Wilms, S., Lebefromm, U.: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Umsetzung mit SAP®S/4HANA, Berlin/Boston 2023.
- Wöhe, G., Döring, U., Brösel, U.: Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 27. überarbeitete und aktualisierte Auflage, München 2020.
letzte Änderung P.D.P.H.
am 15.09.2023
Autor:
Prof. Dr. Peter Hoberg
|
Autor:in
|
Herr Prof. Dr. Peter Hoberg
Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Worms. Seine Lehrschwerpunkte sind Kosten- und Leistungsrechnung, Investitionsrechnung, Entscheidungstheorie, Produktions- und Kostentheorie und Controlling. Prof. Hoberg schreibt auf Controlling-Portal.de regelmäßig Fachartikel, vor allem zu Kosten- und Leistungsrechnung sowie zu Investitionsrechnung.
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