
Viele Unternehmen legen immer noch großen Wert darauf, dass ihre Mitarbeiter untereinander
möglichst wenig über ihr individuelles Gehalt sprechen. Sogar in vielen Dienstverträgen findet sich immer noch eine entsprechende – rechtlich unwirksame – Klausel. Der Dienstgeber kann lediglich verfügen, dass die Höhe der Gehälter nicht an unternehmensexterne Personen kommuniziert werden darf. Wie das aktuelle
karrieretag.org-Trendbarometer zeigt, kennen tatsächlich viele der Befragten das Gehalt ihrer Kolleginnen und Kollegen recht genau – und fühlen sich häufig nicht gerade üppig entlohnt.
Bekanntlich ist ein gutes Gehalt nicht der alleinige Faktor für Zufriedenheit im Job. Jedoch signalisiert eine faire und marktgerechte Bezahlung Wertschätzung und dient als wichtiger „Hygienefaktor“. Wer sich leistungsgerecht bezahlt fühlt, bleibt motiviert, Verantwortung zu übernehmen und sich weiterzuentwickeln. Dadurch wächst die emotionale Bindung ans Unternehmen und die Fluktuation sinkt. Vor diesem Hintergrund ist es besonders alarmierend, dass sich
nur 40 Prozent aller Studienteilnehmer in ihrer aktuellen Position gerecht entlohnt fühlen. In der Gruppe der befragten Team-, Abteilungs- oder Bereichsleitenden sind es zwar immerhin fast 48 Prozent, die ihre Bezahlung angemessen finden; dennoch bleibt auch die Mehrheit der Führungskräfte mit dem Gehalt unzufrieden.
Gründe für die Unzufriedenheit
Die absolute Höhe des eigenen Gehalts ist zweifellos ein gewichtiger Faktor für die Zufriedenheit im Job. Noch wichtiger ist aber die
relative Höhe: Denn die Zufriedenheit endet rasch, wenn man das Gefühl hat, für die gleiche Arbeit oder Position
nicht im gleichen Umfang entlohnt zu werden wie die Kollegen. So geben rund 44 Prozent der mit ihrem Gehalt unzufriedenen Umfrageteilnehmer an, zu wissen, dass ihre Kollegen in „ähnlicher Position“ mehr verdienen würden als sie.
Die
Gründe dafür sind vielschichtig: 26 Prozent meinen, dass sie ihr Gehalt besser verhandeln hätten können („da wäre wahrscheinlich mehr drin gewesen“), 19 Prozent nennen unterschiedlich lange Betriebszugehörigkeiten als Grund, 17 Prozent ein fehlendes hilfreiches Beziehungsnetzwerk, 11 Prozent führen ihre ethnische Abstammung ins Treffen und etwa 7 Prozent verorten ihren Gehaltsnachteil im Gender-Pay-Gap. Rund ein Viertel der Befragten kann keinen Grund für die eigene Gehaltsbenachteiligung nennen.
Das Gehalt – ein schlecht gehütetes Geheimnis?
Rund 42 Prozent der vom Trendbarometer Befragten geben an, das
Gehalt von Kollegen und Vorgesetzten zu kennen – die Hälfte davon sogar „sehr genau“. 37 Prozent „sprechen untereinander offen darüber“. Etwa 18 Prozent berichten von einer „transparenten Gehaltsstruktur in ihren Unternehmen“, und rund 8 Prozent ziehen ihre Erkenntnisse aus den veröffentlichten Gehaltsangaben in einer Stellenanzeige. Interessant ist die Rolle der informellen Kommunikation: 23 Prozent geben an, die Gehälter nicht aus offiziellen Quellen zu kennen, allerdings würde man sie über den „Flurfunk“ sehr wohl mitbekommen.
Besonders bemerkenswert: 30 Prozent sind zwar der Ansicht, dass das Gehalt ihrer Vorgesetzten „zu hoch für seine/ihre Leistung“ wäre; umgekehrt gibt allerdings auch rund ein Viertel an, dass das Gehalt angemessen sei, rund 16 Prozent vertreten sogar die Meinung, dass ihre Vorgesetzten zu wenig verdienen würden.
Zweidrittelmehrheit für völlige Offenlegung
Beinahe 78 Prozent aller Studienteilnehmer sprechen sich für eine
Offenlegung der Gehälter aller Mitarbeiter in ihren Unternehmen aus. Satte 85 Prozent aller Befragten erwarten sich davon weniger Ungerechtigkeiten im Gehaltsbereich. Selbst unter den Führungskräften liegt die Zustimmung für eine vollständige Offenlegung bei 81 Prozent. 57 Prozent aller Teilnehmer können sich auch eine durch den Gesetzgeber verpflichtende Offenlegung von Gehaltsspannen für jede Position im Unternehmen vorstellen. Überraschend hoch auch die individuelle Bereitschaft, das eigene Gehalt offenzulegen: Satte 45 Prozent hätten schon jetzt kein Problem damit.
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Das alles bliebe freilich nicht ohne Konsequenzen. Denn rund 48 Prozent würden sofort auf eine Gehaltserhöhung pochen, falls sie feststellen sollten, dass jemand in vergleichbarer Position deutlich mehr verdienen würde. Allerdings meinen auch 15 Prozent, dass sie erstmal abwarten und die Lage weiter beobachten würden, und ganzen 16 Prozent wäre das „egal, solange die anderen Faktoren passen, wie z. B. ein gutes Team“. Etwa 14 Prozent würden mit Kündigung drohen oder sich aktiv auf die Suche nach einem anderen Job machen.
Deutsche Gehälter in Relation zu Inflation und Produktivitätssteigerungen
Fakt 1: Die reale Kaufkraft ist gewachsen, aber weniger als die wirtschaftliche Leistung
Seit 2000 haben Beschäftigte in Deutschland real rund + 20 % mehr Lohn pro Monat, die Produktivität pro Stunde legte jedoch um 30 % zu – ein Abstand von gut 10 Prozentpunkten.
Fakt 2: Der Rückstand entstand vor allem in den 2.000er-Jahren
Erst mit Mindestlohn, Engpässen am Arbeitsmarkt und höheren Tarifabschlüssen konnte der Abstand zeitweise geschlossen werden; die Energiepreisschock-Jahre 2022/23 eröffneten jedoch wieder eine Lücke.
Fakt 3: Langfristig bleibt die Lohn-Produktivitäts-Lücke moderat, aber sichtbar
Arbeitnehmer erhielten etwa drei Viertel der gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwächse. Für eine vollständige Teilhabe bräuchten reale Lohnsteigerungen künftig ein Tempo knapp über dem Produktivitätswachstum – oder politisch/unternehmerische Lösungen, wie z. B. höhere Tarifbindung oder Gewinnbeteiligungen.
Erstellt von (Name) E.R. am 13.05.2025
Geändert: 13.05.2025 07:47:33
Quelle:
Karrieretag.org
Bild:
Karrieretag.org
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