![Plädoyer für ein Anti-Korruptions-Controlling]()
„Macht korrumpiert. Und absolute Macht korrumpiert absolut.“ Dieser Spruch des englischen Historikers Lord Acton aus dem 19. Jhdt. hat nichts an Relevanz verloren, ganz im Gegenteil. Und wenn Robert Shiller die Ungleichheit in modernen, entwickelten Gesellschaften als eines der größten Probleme der Gegenwart bezeichnet (1), dann hat Korruption in allen ihren Erscheinungsformen daran großen Anteil.
Korruption war und ist eines der am meisten verwendeten Wörter in Politik, Legislative und Medienberichterstattung der letzten Jahre in Deutschland und Österreich. Und das wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren so bleiben. Dabei wäre es für EntscheidungsträgerInnen in den genannten Bereichen wie auch für die SteuerzahlerInnen nachweislich besser gewesen, dem Begriff Controlling wäre dieses Prädikat zuteil geworden! Und zwar Controlling verstanden als Vorsorge gegen Misswirtschaft in und zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen.
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Nehmen wir folgenden – von Staatsanwaltschaften in Deutschland und Österreich derzeit untersuchten – Fall, um die Verquickung verschiedener Gesellschaftsbereiche in Bestechungsvorgänge zu illustrieren: Nehmen wir an, ein Staat zahlt einem Waffenproduzenten Milliarden Euro für Rüstungsprodukte und erhält in Form von Gegengeschäften ein Mehrfaches des Kaufpreises zurück. Der Waffenproduzent überweist einem Unternehmen in seinem Einflussbereich Beträge, die dazu dienen, Entscheidungsträger in ihrer Meinung und ihrem Entscheidungsverhalten zu beeinflussen. Offiziell werden Gegengeschäfte versprochen – von Modeartikeln bis zu Vorträgen – die letztlich aber wahrscheinlich nicht realisiert werden; denn einiges spricht dafür, dass Geld bzw. geldwerte Vorteile über Briefkastenfirmen an Politiker, Beamte und Unternehmen fließen. Aber den Steuerzahlern wird dieses Rüstungsgeschäft als volkswirtschaftlich vorteilhaft verkauft.
(2)
Was könnte ein Controlling(-system) hier bewirken?
- Transparente Beschaffungsregeln
- Geregelte Beschaffungsprozesse
- Aktuelle, transparente Berichterstattung über die erfolgte Beschaffung.
Dazu bedarf es einer professionellen Unternehmensführung bzw. – im öffentlichen Bereich – Behördenleitung, die so ein Präventionssystem autorisiert.
Ist das nicht der Fall, drohen bzw. stabilisieren sich undurchsichtige Netzwerke aus Politik und Wirtschaft mit wechselseitigen Begünstigungen, oder – wie es der Philosoph Jacques Rancière ausdrückt – eine „kriminelle Demokratie“
(3) . Während der Rechtsstaat in Deutschland und Österreich hinsichtlich der Verfolgung korruptiver Vorfälle derzeit seine Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit nach und nach weitgehend souverän unter Beweis stellt, haben viele Akteure in Politik und Unternehmensführung noch Aufholbedarf in puncto integrem Verhalten.
Es muss seitens der Justiz unmissverständlich klar gemacht werden, dass das System „Ein bisschen geht immer“ nicht mehr funktionieren darf. Die Controllingstelle in einer Organisation – und hier vor allem die Ebene des normativen Controllings
(4) – sollte hier einen gewichtigen Beitrag zur Prävention leisten. Falls das misslingt, könnte die Prognose Ilan Fellmanns wahr werden: Korruption beginnt im Kleinen, und wenn sie nicht verhindert bzw. aufgedeckt wird, nimmt sie immer größere Ausmaße an und entwickelt sich zu einem Automatismus.
(5)
Die Dunkelfeldforschung stößt bei den Korruptionsdelikten auf das Problem, dass es hierbei kein personifiziertes Opfer
(6) gibt, das von den Ermittlungsbehörden befragt werden könnte. Bei Korruption als prima vista „opferloser“ Tat (denn Täter und Opfer handeln einvernehmlich; Geschädigte sind i.d.R. die Allgemeinheit bzw. der Mitbe-werb) werden Belege über Bestechungsakte meist vergeblich gesucht. Das Dunkelfeld ist sehr groß. Nach Einschätzung von Experten werden von 100 Fällen allenfalls fünf bekannt. Sicher ist – und das zeigen Medienberichte immer deutlicher –, dass die Nutznießer der Bestechung in ihrer übergroßen Mehrheit unbehelligt bleiben.
(7)
Umso wichtiger ist daher ein Präventionssystem in Form eines Anti-Korruptions-Controllings als spezielle Form des normativen Controllings – und zwar in Kooperation (nicht in Konkurrenz!) zu ebenfalls mit Korruption beschäftigten Stellen wie Compliance Office oder Interne Revision.
Quellen:
(1) Vgl. Shiller, R. (2012): Finance and the Good Society, Vortrag in der Österreichischen Nationalbank, Wien, am 16.11.2012
(2) Vgl. o. V. (2012): Geschäfte liefen wie geschmiert. In: Salzburger Nachrichten, 16.11.2012, S. 2. Für alle eventuell beteiligten Personen gilt in diesem Stadium der Ermittlungen selbstredend die Unschuldsvermutung.
(3) http://pierre.campion2.free.fr/cranciere_democratie.htm, abgerufen 15.11.2012; Rancière, J. (2005): La Haine de la démocratie, Paris
(4) Vgl. Siller, H. (2011): Normatives Controlling, Wien
(5) Vgl. Fellmann, I. (2010): Die „automatische“ Korruption, Wien
(6) Vgl. v Arnim, H.-H. (2001), S. 178 sowie Kaiser, R. (1999), S. 31.
(7) Vgl. Kirchler, E. et al.: Wirtschaftskriminalität: Zur Effizienz von Kontrollen und Strafen auf Steuerehrlichkeit. In: Eilmansberger, T. et al.: Wirtschaftsstrafrecht, Wien 2008, S. 3
letzte Änderung D.H.S. am 05.09.2019
Autor(en):
Prof. (FH) a.D., Mag. Dr. Helmut Siller, MSc
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Der Autor:
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