1. Problemstellung
Wenn
Investitionsprojekte bewertet werden sollen, muss auch entschieden werden, über welchen Zeitraum ihre
Konsequenzen erfasst werden sollen. Ein zu kurzer Planungszeitraum könnte eventuell zu einem Ablehnen des
Projektes führen, obwohl es bei längerer Betrachtung positiv wäre. Ein zu langer Zeitraum würde hohe Kosten der
Datenprognose erzeugen, wenn überhaupt halbwegs exakte Prognosen für lange Zeiträume möglich sind.
2. Bestimmung des Planungszeitraums
Begonnen sei mit den einfachen Fällen der Bestimmung des
Planungszeitraums bei Investitionsrechnungen. Bei diesen kann aufgrund meist
äußerer Einflüsse der Planungszeitraum weitgehend einfach abgeleitet werden kann:
a) Lizenzen/Patente (externe Faktoren):
Wenn Rechte für die
Vermarktung eines Produktes gekauft oder zugeteilt wurden, so ist die Laufzeit der Lizenzen bzw.
Patente ein geeigneter Planungszeitraum. Dies sei am Beispiel neuer Medikamente ausgeführt. Die extrem kostenintensive Entwicklung und Zulassung neuer Medikamente lohnt sich nur, wenn diese über einige Jahre unter
Patentschutz vermarktet werden können. Am Ende des Patentschutzes (max. 15 Jahre ab Zulassung), werden die Einzahlungen durch das Auftreten von Generikaherstellern stark einbrechen, weil die Preise weit gesenkt werden müssen. Insofern würde es sich anbieten, den Planungszeitraum bis zum Ende des Patentschutzes zu definieren. Ähnlich sieht es aus, wenn zeitlich begrenzte Lizenzen für die Vermarktung von Produkten oder für die Nutzung von z. B. Frequenzen erworben wurden.
b) Produktgenerationen (marktbezogene Faktoren):
In der Autoindustrie kann ziemlich zuverlässig mit dem
Lebenszyklus eines Modells gearbeitet werden. Nach einigen Jahren Entwicklung kommen dann die Marktphase und danach ggf. noch die Servicephase. Diese Phasen lassen sich gut schätzen. Allerdings tritt hier das große Problem der Interdependenzen auf, weil die
Vermarktungsentscheidungen für die jetzige Generation Auswirkungen auf den
Einführungstermin der nächsten Generation haben können (vgl. Hoberg, Produktgenerationen).
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c) Technische Lebensdauer (produktionsmittelbezogene Faktoren):
Wenn z. B. neue Maschinen oder Anlagen gekauft werden sollen, so liegen häufig Erfahrungswerte vor, wie lange diese Maschinen genutzt werden können. Ähnlich ist der Fall, wenn man weiß, welches
Nutzungspotential ein Wirtschaftsgut hat. Von der Kiesgrube kennt man in etwa den abbaubaren Inhalt und bei einigen technischen Geräten (z. B. Drucker/Kopierer) weiß man, für welche Menge sie gebaut sind. Über diesen Zeitraum bzw. für diese Menge kann dann die
Wirtschaftlichkeitsrechnung erfolgen.
Häufig aber finden sich keine offensichtlichen Anhaltspunkte für die konkrete Festlegung des Planungszeitraums. Dann kann nur ein vorsichtiges Ausprobieren helfen, z. B. mit dem Einsatz von
Sensitivitätsanalysen. Auf Basis einer vorläufig festgelegten Dauer wird simuliert, ob sich die Ergebnisse wesentlich ändern, wenn eine weitere Periode einbezogen wird. Es wird sich dann in vielen Fällen zeigen, dass die Ergebnisse bereits stabil positiv oder negativ sind.
In der Praxis existieren voreingestellte
Bewertungsverfahren, die je nach Branche und Art der
Investition einen Planungszeitraum von z. B. 5 Jahren vorgeben. Meistens reicht die Analyse über einen solchen vorbestimmten Zeitraum bereits aus, um die Vorteilhaftigkeit zu beurteilen. Denn entweder wird ein klar positiver
Kapitalwert/Endwert (am besten auf Basis eines
vollständigen Finanzplans = VoFi) erreicht oder es wird deutlich, dass die
Handlungsmöglichkeit sich nicht rechnet. Nur solche Handlungsmöglichkeiten müssen dann näher untersucht werden, die auf der "Kippe" stehen.
3. Ermittlung der Konsequenzen am Ende des Planungszeitraums
Sobald sich das Unternehmen für einen Planungszeitraum entschieden hat, muss die Frage beantwortet werden, welche
Ein- und/oder Auszahlungen am Schluss durch die Beendigung der
Investitionsmöglichkeit erzeugt werden. Dies muss unabhängig davon gemacht werden, ob das Projekt weitergeführt werden soll oder nicht.
Begonnen sei die Analyse mit den Investitionsgütern. Wenn über die Vorteilhaftigkeit einer Hotelinvestition entschieden werden soll, könnte man sich z. B. einen 10-jährigen Planungszeitraum vorstellen. Für das Ende muss nun unterstellt werden, dass das Hotel verkauft wird. Diese
hypothetischen Einzahlungen müssen berücksichtigt werden, weil ansonsten wohl kaum eine langfristige Immobilieninvestition positiv wird.
Umgekehrt können am Ende des Planungszeitraums auch hohe negative Auszahlungen drohen. Das Extrembeispiel besteht in Atomkraftwerken, deren Rückbau und Entsorgung
Auszahlungen verursachen wird, die bei ca. 1 Mrd € liegen. Diese müssen selbstverständlich in der
Investitionsrechnung berücksichtigt werden.
Der Normalfall dürfte eher darin bestehen, dass nach Ablauf der normalen geplanten
Nutzungsdauer noch eher geringe Beträge für den Verkauf der Investitionsgüter erzielt werden können. Diese sollten im Vollständigen Finanzplan abgebildet werden.
Höhere Beträge können relevant sein, wenn das Projekt den Aufbau eines neuen Produktes oder einer Produktgruppe vorsieht. Denn dann bestehen voraussichtlich am Projektende hohe Werte. Die zukünftigen Überschüsse jenseits des Planungszeitraums sind dann grob zu schätzen.
Gefahr droht im Weiteren von Entscheidern, die aus persönlichen Gründen einen zu kurzen Planungszeitraum wählen. Es kann sich um Vorstände (mit 5-Jahresvertrag) oder Politiker handeln, die ihre Entscheidungen an der Verlängerung bzw. der Wiederwahl ausrichten und spätere negative Konsequenzen (z. B. Kosten der Rente mit 63 nach 2017) ausblenden. Dadurch werden langfristig falsche
Entscheidungen getroffen. Zudem können auch Entscheidungen unterbleiben, deren positive Wirkungen erst nach der Verlängerung zum Tragen kämen. Im Sinne der
Principal-Agent-Theorie wären dies schlechte Agenten, die ihre persönlichen Interessen über die der Auftraggeber stellen.
Weiterführende Literatur:
- Hoberg, P. (2013): Das Management von Produktgenerationen, in Wisu 7/2013, 42. Jg., S. 913-919.
- Varnholt, N., Lebefromm, U., Hoberg, P.: Controlling – Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Anwendung mit SAP® ERP®, München 2012.
letzte Änderung E.R.
am 13.04.2023
Autor:
Dr. Peter Hoberg, Worms
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