1. Problem
Controller haben nicht selten das Problem, dass sie
Wirtschaftlichkeitsrechnungen Dritter beurteilen sollen. So versuchen z. B. Verkäufer, über
Total Cost of Ownership (TCO) Kalkulationen nachzuweisen, dass ihr teures Produkt doch das beste ist. Ähnlich sieht es z. B. bei Fahrzeugen aus, wenn ein hoher Restwert den sehr hohen Kaufpreis rechtfertigen soll. Der erfahrene Controller weiß, dass solche Be-Rechnungen fast immer Fehler aufweisen, wobei diese noch nicht einmal absichtlich begangen sein müssen. Er braucht somit ein geschultes Auge, um schnell falsche Annahmen und Kalkulationen zu entlarven.
In diesem Beitrag geht es um "beliebte" Fehler in der Datenaufbereitung für die Investitionsrechnung. Die Qualität einer Analyse der Vorteilhaftigkeit hängt entscheidend davon ab, dass die
Daten richtig erfasst wurden.
2. Probleme bei der Erfassung des Zeitaspektes von Zahlungen
Auch wenn die Darstellung der Verfahren der Investitionsrechnung den größten Raum in entsprechenden Büchern umfasst, sieht die Praxis ganz anders aus. Dort geht es fast ausschließlich um eine sachgerechte Erfassung der Effekte, die durch eine Handlungsmöglichkeit (Investition, Projekte, Alternative usw.) ausgelöst werden. Dieser Prozess kann bei großen Projekten viele Monate dauern.
Im Vergleich zur Do-Nothing Alternative wird abgeleitet, wie sich künftige Zahlungen ändern würden, wenn eine bestimmte Handlungsmöglichkeit oder ein Paket von Handlungsmöglichkeiten durchgeführt wird. Dieser Ansatz wird Differenzmethode genannt (vgl. hierzu den Hoberg (2014c), S. 1 ff.). Neben der Höhe der ausgelösten Zahlungsänderung sollte auch der Zeitpunkt richtig festgehalten werden, was in der Praxis allerdings fast nie geschieht, so dass schon in einer frühen Phase der Grundstein für evtl. falsche Entscheidungen gelegt wird. Das folgende Beispiel aus der Praxis mit leicht geänderten Zahlungen möge die Problematik aufzeigen:
Abb. 1: Ursprüngliche Auswertung der Handlungsmöglichkeit
Der erste Eindruck der Analyse in Abb. 1 ist sehr positiv, weil keine statischen Verfahren verwendet wurden, sondern gleich mehrere dynamische (vgl. zu den Problemen des statischen Ansatzes Hoberg (2014a), S. 71 ff.). Zudem wurden mit Kapital- und Endwert absolute Kriterien und mit der Kapitalrendite relative Kriterien eingesetzt. Als ergänzendes Risikomaß wurde die Amortisation in Jahren bestimmt.
Die Handlungsmöglichkeit ist demnach zu empfehlen, weil End- und Kapitalwerte positiv sind, die Kapitalrendite über dem
Wacc liegt. Wenn die kritische Amortisationszeit bei 5 Jahren liegt, würde auch die dynamische Amortisation (also mit Zinsen) eine positive Entscheidung nahelegen. Ist die Sollamortisationszeit kürzer, würde die Handlungsmöglichkeit abgelehnt. Aber da alle anderen Kriterien positive Empfehlungen geben, ist das Gesamtbild ebenfalls positiv (vgl. zu den Problemen der
Amortisationszeit Hoberg (2019), S. 1 ff.). Die beschriebene Vorgehensweise mit zahlreichen Kriterien ist weit besser als es in den meisten Unternehmen praktiziert wird, zumal auch keine Größen wie
Abschreibungen berücksichtigt werden, welche in der Investitionsrechnung vor Steuern nichts zu suchen haben.
Aber der zweite Blick des Controllers muss der Ableitung der Zahlungen gelten. Denn in Abb. 1 gilt die implizite Prämisse, dass alle Zahlungen am Ende des jeweiligen Jahres anfallen. Also muss beispielsweise der Überschuss von 500 T€
3 im Zeitpunkt t=3 exakt zum 31.12. des Jahres 3 kommen. Dies muss in der Praxis unbedingt überprüft werden, weil die Planungen häufig in Größen durchgeführt werden, welche den Managern vertraut sind:
Kosten und Umsätze
Diese fallen aber gerade nicht am Jahresende an, sondern über das Jahr verteilt. Somit muss der Controller genau nachforschen, wie die Daten zeitlich zu interpretieren sind. ...
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Letzte Änderung W.V.R am 19.02.2021
Autor(en):
Dr. Peter Hoberg
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