Für eine
Produktkalkulation ist es notwendig, den
Markt- Preis so zu kalkulieren, dass er zumindest die
Kosten deckt. So lassen sich auf jedes Produkt die variablen
Gemeinkosten eindeutig zuordnen. Schwieriger gestaltet sich jedoch die Zuordnung der
fixen Gemeinkosten. So wurde letztendlich nach einer Kalkulationsmethode gesucht, mit der es möglich ist, die Gemeinkosten den tatsächlich angefallenen Aktivitäten zuzuordnen. [1] Aus diesen Ansätzen entwickelte sich die
Prozesskostenrechnung.
Grundideen der Prozesskostenrechnung
Die Anfänge der Prozesskostenrechnung lassen sich auf die siebziger Jahre in den
USA zurückführen. Doch erst der Aufsatz "
The hidden factory" (Miller/ Vollmann, 1985) war Anlass die verwendeten "standard costing"-System zu überprüfen. Miller und Vollmann analysierten die Kalkulation der indirekten und fixen Kosten in amerikanischen Produktionsunternehmen. [2] Anfang der achtziger Jahre wurden auch in Deutschland Aufsätze zu diesem Thema veröffentlicht. So kam Biel zu dem Entschluss, die Aktivitäten einer
Kostenstelle stunden-mengenmäßig zu erfassen. [3]
Das Wesen der Prozesskostenrechnung kann mit der
Grundidee beschrieben werden, Gemeinkosten nicht mehr nach freiwählbaren Zuschlagssätzen, sondern nach der tatsächlichen Inanspruchnahme zuzuordnen; dem Verursacherprinzip. [4] Das betriebliche Geschehen soll als ein System von Prozessen gesehen, die wiederum eigenständig aber auch bereichsübergreifend ablaufen.[5]
Schwierigkeiten gestalten sich hierbei dadurch, dass sich ihre Kosten […] in den traditionellen Kostenrechnungssystemen mit ihren funktional orientierten Kostenstellen kaum ermitteln […] [6] lassen. Daher müssen sämtliche Prozesse genau definiert werden und oft wiederkehren. Zudem müssen sie sich mit bekannten Bearbeitungsmethoden umsetzen lassen können. [7]
Kostenermittlung: Prozesse und Prozesskosten
Die
Faktoren der Prozesskostenrechnung sind folgendermaßen definiert:
- Der Prozess, der in Hauptprozesse (betrifft die gesamte Aktivität) und Teilprozesse (betrifft Kostenstelle) unterschieden wird. [8]
- Der Kostentreiber bildet die Messgröße für die Kostenverursachung. Er beeinflusst die Kosten eines Prozesses. Sinkt z.B. die Bestellmenge je Auftrag, müssen für diesen Auftrag immer mehr Warenausgänge verzeichnet werden, um den gleichen Umsatz zu erhalten. Bei Erschöpfung der vorhandenen Kapazität führt dies jedoch zu zusätzlichen Personalbedarf und somit zur Erhöhung der Prozesskosten.
- Die Prozesskosten sind alle, gemäß dem Verursacherprinzip, einem Prozess zuordnungsbaren Kosten.
Zur Ermittlung der Prozesskosten hat sich folgende
Durchführungsweise bewährt: [9]
- eindeutige Abgrenzung der zu untersuchenden Bereiche
- Hypothesen über Hauptprozesse und deren Kostentreiber aufstellen
- Tätigkeitenanalyse
- sämtliche Tätigkeiten die zum gleichen Arbeitserzeugnis führen und eine gemeinsame Prozessgröße besitzen, zu Teilprozessen zusammenfassen
- verfügbare Kapazitäten für jeden Teilprozess einer Kostenstelle ermitteln (mittels verfügbare Arbeitszeit der Mitarbeiter = Mannjahre MJ). Somit ist eine eindeutige Kostenzuordnung möglich
- Umlage der Kosten auf Teilprozesse = Teilprozesskosten
- Bündelung der Teilprozesse auf den Hauptprozessen
- eindeutige Zuordnung eines Kostentreibers zur Kostenstelle
Mayer, 1991, S.86
Letztendlich ergibt sich die genaue
Kostenermittlung wie folgt: Die Prozesskosten je Einheit Hauptprozess (=Prozesskostensatz) ergeben sich nun aus der Division von Teilprozesskosten und Kostentreibern. [10]
Beispiel für eine Prozesskostenrechnung
Als Kostentreiber für den
Hauptprozess Lagerverwaltung werden Lagerpositionen benutzt. Eine Lagerposition ist je eine eingegangene Lieferung. In jeder Periode werden 50.000 Lagerpositionen eingelagert. Dem Teilprozess Materialbeschaffung sind 800.000 €/Periode zugerechnet worden.
Prozess-kostensatz
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=
|
Prozesskosten
|
=
|
Kosten je Kostentreiber
|
=
|
800.000 €
|
=
|
16 €
|
Prozessdurchführung
|
50.000 Einlagerungen
|
Einlagerungen
|
Prozesskostensatz = Prozesskosten / Prozessdurchführungen = Kosten je Kostentreiber
= 800.000 € / 50.000 Einlagerungen = 16 €/ Einlagerung
Fußnoten:
[1] vgl. Reckenfelderbäumer, 1998, S.22
[2] vgl. Horvàth, 1996, S.529
[3] vgl. Müller, 1998, S.89
[4] vgl. Reckenfelderbäumer, 1998, S.23
[5] vgl. Jandt, 2004, S. 256 f.
[6] Horvàth, 1996, S.531
[7] vgl. Jandt, 2004, S.256 f.
[8] vgl. Horvàth, 1996, S.532
[9] vgl. Horvàth,1996, S.533 ff. & Jandt, 2004, S.262 ff. & Czenskowsky, 2004, S.130 ff.
[10] vgl. Czenskowsky, 2004, S.131
letzte Änderung Stefan Jankowiak
am 14.04.2023
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05.06.2010 15:42:06 - jaran
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