Bei
Finanzierungen mit
Darlehen ist für Banken die
Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer ein wesentlicher Beurteilungspunkt im Rahmen des Ratings. Dieser Beitrag erläutert ihnen, wie sie im Rahmen ihrer Finanzplanung auf Basis des sog. erweiterten
Cashflows ihre jeweilige Kapitaldienstgrenze und deren Auslastung berechnen und so die Vergabe neuer Darlehen bzw. die
Prolongation bestehender Kredite positiv beeinflussen können. Für eigene Berechnungen wird kostenlos eine
Excel-Datei zum Download angeboten, mit der sich die Kapitaldienstgrenze und deren Auslastung für eine Kapitalgesellschaft (GmbH) ermitteln lassen.
Hintergrund
Sofern im Rahmen von
Unternehmensfinanzierungen auch
Fremdkapital - also Darlehen bzw. Kredite - eingesetzt werden soll, achten Banken streng auf die
Bonität des Schuldners. Diese Beurteilung erfolgt insbesondere auf Basis der zukünftigen, nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens bzw. Kreditnehmers.
Diese
Kennzahl gibt den Banken darüber Auskunft, ob der Kreditnehmer zukünftig in der Lage ist, ausreichend Cashflow zu generieren, um seine
Kapitaldienstverpflichtungen, d.h. sämtliche Zins- und Tilgungszahlungen, jederzeit erfüllen zu können. Ausgangsgröße für die Kapitaldienstfähigkeit ist die Ermittlung des zukünftigen, ordentlichen, erweiterten Cashflows (
eCF), der die "wahre" zukünftige Ertragskraft des Unternehmens widerspiegelt. Wie dieser ermittelt wird und wie man die Kapitaldienstfähigkeit bankenkonform bewerten kann, wird im Weiteren erläutert.
Kapitaldienstfähigkeit: Ein wichtiger Nachweis für die Bonität
Für Banken ist die Kapitaldienstfähigkeit (KDF) ihrer Kreditnehmer ein wesentlicher
Beurteilungspunkt im Rahmen des Ratings. Bei der Beurteilung der "wirtschaftlichen Verhältnisse" ermitteln die Banken - neben weiteren Kennzahlen - auch, ob das Unternehmen als zukünftiger Kreditnehmer in der Lage ist, jederzeit Zinsen und Tilgungen für alle Darlehen zu erwirtschaften. Nur wenn ihr Unternehmen in der Lage ist den Kapitaldienst zu erwirtschaften, kommt für die Bank eine
Kreditgewährung überhaupt in Frage.
Aus diesem Grunde sollten sie proaktiv im Rahmen ihrer Finanzplanung die Kapitaldienstgrenze für die kommenden Jahre berechnen und damit belegen, dass der tatsächlich anfallende Kapitaldienst (
Zinsen und Tilgung) aufgebracht werden kann und möglichst darüber hinaus noch ein jährlicher
Liquiditätsüberschuss erwirtschaftet wird.
Anzeige
RS-Bilanzanalyse - Kennzahlen-Berechnung in Excel
Umfangreiches Excel- Tool zur Berechnung der wichtigsten branchenunabhängigen Kennzahlen aus Bilanz und GuV. Weiterhin G+V und Bilanz in 5 Jahres-Übersicht und druckbare Berichte, die die Lage des Unternehmens im 5 Jahresvergleich darstellen.
Preis 39,- EUR inkl. MWSt.
mehr Informationen >>
So zeigen sie Kreditgebern ihre Kapitaldienstfähigkeit
Während der zukünftige Kapitaldienst sich noch relativ einfach ermitteln lässt, in dem für alle
Fremdmittel sämtliche Zins- und Tilgungszahlungen monatsgenau zusammengestellt werden, gestaltet sich die Berechnung der maximalen Kapitaldienstfähigkeit weitaus komplexer.
Ausgangsgröße hierfür ist die Ermittlung des zukünftigen, ordentlichen,
erweiterten Cashflows (= eCF). Dabei handelt es sich nicht um den "normalen" Netto-Cashflow eines Unternehmens, sondern dieser muss um verschiedene Elemente korrigiert werden. Dazu gehört u.a. die Entfernung von einmaligen, periodenfremden bzw. außergewöhnlichen Elementen, aber auch die Berücksichtigung diverser Bindungen des Cashflow wie z.B. für
Reinvestitionen und
Entnahmen/
Gewinnausschüttungen etc.
Abb. 1: Berechnungsschema für den eCF für eine GmbH. Quelle: Excel-Finanzplan-Tool PRO von fimovi.de.
Wie in Abb. 1 ersichtlich, erfolgt ausgehend vom
Periodenergebnis nach Korrektur um die nicht liquiditätswirksamen Abschreibungen zunächst eine Hinzurechnung des Zinsaufwandes (inkl.
Leasing). Der nicht betrieblich verursachte Zinsaufwand ist abzuziehen (vgl. Pos. 6). Im nächsten Schritt werden weitere nicht
liquiditätsrelevante Komponenten herausgerechnet. Dabei handelt es sich zum einen um die Veränderungen bei den langfristigen Rückstellungen, zum anderen um etwaige Zuführungen zu Rückdeckungsversicherungen.
Nun gilt es noch einige außerbilanzielle
Korrekturen vorzunehmen. Dies betrifft
- die nicht werthaltigen Gesellschafterforderungen,
- die Vergütung des/der Gesellschafter-Geschäftsführer(s) (GGf),
- etwaige außerordentliche Positionen sowie
- Korrekturen aus der Bilanz-Analyse (siehe Pos. 11, 12, 13 u. 14 in Abb. 1).
Für die nicht werthaltigen
Gesellschafterforderungen erfolgt eine analoge Behandlung wie für Entnahmen bei Personengesellschaften oder Einzelunternehmen. Die Vergütung der GGf ist auf einen "angemessenen" Betrag zu kürzen. Was dabei angemessen ist, hängt am Ende immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.
Beispiele für außerordentliche
Korrekturpositionen sind u.a. Korrekturen der Erträge aus Anlagenverkauf, außergewöhnliche Schadensfälle, Versicherungserstattungen, periodenfremde Steuereffekte usw. Im Rahmen einer Bilanzanalyse sind zusätzlich noch Korrekturen zu berücksichtigen. Dies kann bspw. den Wertansatz von Beteiligungen, den Wertansatz der Vorräte, der Forderungen oder ggf. fehlende Rückstellungen betreffen.
Soweit die
korrigierten Aufwände Einfluss auf das Periodenergebnis des Unternehmens haben, muss noch eine Anpassung der steuerwirksamen Beträge hinsichtlich
Gewerbesteuer,
Körperschaftsteuer und
Solidaritätszuschlag durchgeführt werden. Der sich ergebene Korrektursaldo (vgl. Pos. 15 in Abb. 1) ermöglicht dann die Ermittlung des erweiterten Cashflow (eCF).
Ermittlung der Kapitaldienstgrenze
Nach Berücksichtigung verschiedener Bindungen des nachhaltigen eCF (nach Korrekturen), z.B. für Reinvestitionen und Entnahmen bzw. Gewinnausschüttungen, ergibt sich als
Restgröße die
Kapitaldienstgrenze. Hinsichtlich der Reinvestitionen ist noch zu berücksichtigen, in wie weit diese fremdfinanziert werden sollen. Der übrige,
eigenkapitalfinanzierte, Teil ist noch als "Bindung für Eigenkapitalverzinsung" in Abzug zu bringen (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Vom erweiterten Cashflow (eCF) zur Kapitaldienstgrenze.
Die Kapitaldienstgrenze ist der Teil des erweiterten Cashflows, der zur Kapitaldiensterbringung zur Verfügung steht, also zur Begleichung von Zins- und Tilgungszahlungen. Das Delta zwischen der Kapitaldienstgrenze und dem ermittelten betriebswirtschaftlich notwendigen Kapitaldienst ergibt eine
Über- oder Unterdeckung. Dabei bedeutet eine Überdeckung, dass eine nachhaltige zukünftige Kapitaldienstfähigkeit gegeben ist. Der Überschussbetrag kann als weitere zusätzliche Kapitaldienstfähigkeit interpretiert werden (siehe Abb. 3).
Abb. 3: Auslastung der Kapitaldienstgrenze und bankenübliche Bewertung.
Damit die
Nachhaltigkeit der
Kapitaldienstfähigkeit gewährleistet ist, sollte die Überdeckung noch möglichst viele Reserven besitzen, um bspw. außerordentliche Einflüsse bzw. leichte Verschlechterungen der Erfolgsstrukturen auffangen zu können.
Als Kennzahl hat sich hier die
prozentuale Ausschöpfung der Kapitaldienstgrenze etabliert. Zu deren Ermittlung wird einfach der Kapitaldienst ins Verhältnis mit der Kapitaldienstgrenze gesetzt (vgl. Pos. 24 in Abb. 3).
Zur Einordnung bzw. Bewertung dieser Kennzahl kann bspw. die in Abbildung 3 verwendete bankenübliche Einteilung in
sieben verschiedene
Klassen genutzt werden, wobei sich die einzelnen Kategorien übersichtlich, z.B. farblich, visualisieren lassen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die genauen Prozentwerte für die Grenzen sowie die Bezeichnungen der Klassen nicht normiert sind und sich ggf. von Bank zu Bank leicht unterscheiden können.
In der "Kür" einer jeden Finanzplanung, der
Szenario-Analyse, kann man bspw. verschiedene
Stress-Szenarien (z.B. Umsatzrückgänge um x% bzw. Kostensteigerungen um y% etc.) durchrechnen lassen und die Auswirkung auf die Auslastung der Kapitaldienstgrenze direkt sehen. Für Kreditengagements die einer besonderen Bearbeitung bedürfen, wird dies sogar von den Banken im Rahmen der Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (
MAK) zwingend gefordert.
Abschließende Hinweise
Für
Personengesellschaften und
Einzelunternehmen sieht das Berechnungsschema in Teilen etwas anders aus. Die Unterschiede resultieren im Wesentlichen aus unterschiedlichen Steuervorschriften, der speziellen Berücksichtigung von Privateinlagen bzw. -entnahmen sowie einer möglichen Berücksichtigung verschiedener kalkulatorischer Kosten, können hier aber nicht vertieft dargestellt werden.
Hier können Sie kostenlos die zugehörige Excel-Datei downloaden und eigene Berechnungen für ihre GmbH durchführen.
Kapitaldienstfähigkeit: Kostenlose Excel-Datei >>
letzte Änderung ).D.G.
am 10.08.2022
Autor:
Dirk Gostomski
Bild:
Bilderquellen: www.fimovi.de, panthermedia.net / violetkaipa
|
Autor:in
|
Herr Dirk Gostomski (fimovi.de)
Dirk Gostomski ist seit mehr als 20 Jahren selbständiger Berater und Trainer im Bereich Financial Modelling mit Excel.
Mit www.financial-modelling-videos.de bietet er auch Intensiv-Video-Workshops an, in denen Schritt für Schritt die Erstellung von professionellen Finanzplanungs, Projektfinanzierungs- und Cashflow-Modellen in Excel erläutert wird.
|
Homepage |
weitere Fachbeiträge des Autors
| Forenbeiträge
|
23.05.2017 09:30:39 - Gast
[ Zitieren | Name ]