Controller sind in ihren Analysen sachlich, nüchtern und zahlenfixiert.
Verhaltensaspekte finden in ihrer Ausbildung kaum Beachtung. Zudem sind die verwendeten Instrumente hoch komplex und oftmals für Außenstehende nicht leicht verständlich. Dies kann zu Konflikten zwischen Controllern und ihren Counterparts in den jeweiligen Fachabteilungen führen. Dieser Artikel analysiert diese Zusammenhänge und gibt
praxisorientierte Verhaltenstipps, um ein besseres Verständnis zwischen Controllern und Nicht-Controllern zu ermöglichen.
1. Einleitung
Controlling ist eine etablierte Funktion in Unternehmen und aus der betriebswirtschaftlichen Theorie nicht mehr wegzudenken. Das Aufgabenspektrum umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten. Diese reichen vom klassischen Produktionscontrolling über das Marketingcontrolling bis hin zum F&E-Controlling und vielem mehr. Controller bedienen sich hierbei der verschiedensten Instrumente und Methoden, von denen einige klangvolle Namen haben, wie z. B. Activity-based Costing oder Zero-based Budgeting. Diese Werkzeuge sind Controllern wohlbekannt und gehören zum Standardrepertoire. Sie werden an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen gelehrt und in der betrieblichen Praxis angewendet. Oftmals sind es aber solche und andere Methoden, die von den Partnern des Controllers gerade nicht auf Anhieb und umfassend verstanden werden. Es können
Missverständnisse bis hin zu handfesten Konflikten entstehen. Dies ist besonders für die zahlenfixierten Controller nicht leicht nachvollziehbar. Oft heißt es dann von deren Seite, dass die Methoden und die Ergebnisse doch völlig klar seien und für sich sprechen würden. Danach ist meistens Funkstille.
Was Controllern in ihrer Ausbildung neben den fachlichen Methoden noch immer nicht ausreichend vermittelt wird, sind
geeignete Verhaltensweisen im Umgang mit Nicht-Controllern. Es mangelt an den berühmten
Soft-Skills. Die Fachkompetenzen hinsichtlich der Methoden und Instrumente sind vorhanden, das verständliche „Rüberbringen“ hingegen fällt ihnen schwer. Controller werden dann als wenig flexibel bis hin zu weltfremd, was das Tagesgeschäft anbelangt, wahrgenommen. Der vorliegende Artikel versucht diese Problematik etwas näher zu beleuchten und einige praxisorientierte Verhaltensanregungen im Umgang von Controllern mit ihren Partnern im Unternehmensalltag zu geben. Dies ist wichtig, damit Controller von ihren Counterparts wirklich ernst genommen werden und mit diesen gemeinsam einen Beitrag zum nachhaltigen Erfolg ihres Unternehmens leisten können.
2. Verhaltensgrundsätze für die Controlling-Praxis
2.1 Eigenes Verhalten reflektieren
Von Controllern werden fundierte Rechen- und Systemkenntnisse erwartet. Es geht darum, das Unternehmen und sein Geschäft in Zahlen abzubilden. Diese
Zahlenwelt ist das Zuhause des Controllers und hier fühlt er sich wohl. Er kennt die betriebswirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und das Ineinandergreifen der einzelnen Rechnungen. Oft sind diese Interessen bereits sehr früh, z. B. durch eine Berufsausbildung, entstanden. Im Studium bildeten dann die externe und die interne Rechnungslegung entsprechende Schwerpunkte. Weitere praktische Erfahrungen wurden dann in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder im Controlling eines Industrieunternehmens gesammelt.
Die Ansichten und Denkweisen von Menschen, die nicht sehr zahlentechnisch fixiert sind, sind Controllern häufig fremd. So fällt es ihnen oft schwer diese Sichtweisen zu verstehen und zu akzeptieren. Genauso wie Controller durch ihre Zahlenwelt und ihre rechentechnische Sicht auf das Unternehmen geprägt sind, sind Kollegen, z. B. aus dem F&E-Bereich oder dem Marketing, durch ihre Ausbildung ebenfalls in besonderer Weise geprägt. Umgekehrt haben sie
oft für die rationale Sichtweise von Controllern und die Affinität für Zahlen wenig Verständnis. Es sind andere Herangehensweisen und Sichtweisen, die aus bestimmten Motiven heraus erfolgen. Auch bei Nicht-Controllern spielt die Ausbildung und Sozialisation an der Hochschule eine entscheidende Rolle. Controller sollten sich daher immer wieder bewusst machen, dass auch andere Menschen jenseits der Zahlenwelt durch ihre eigene Historie und berufliche Praxis in besonderer Weise geprägt sind. Es geht also zunächst um das Bewusstmachen an sich, dass die Kollegen aus den Fachabteilungen
gute Gründe für ihr Verhalten haben, genauso wie man selbst eben auch. Im nächsten Schritt sind die Reflexion des eigenen Verhaltens und das des Gegenübers sinnvoll. Wie könnte mein Verhalten auf andere wirken? Wie nimmt mich mein Gegenüber war, wenn beispielsweise ein kritischer Punkt bei der Finanzierung von ungeplanten Marketingmaßnahmen angesprochen wird, die möglicherweise vom übergeordneten Zentral-Controlling abgelehnt werden? Wie wirkt das wiederholte Nachfragen nach genauen Erklärungen für Plan-/Ist-Abweichungen auf den Kollegen in der Produktentwicklung? Warum werden die Kollegen im Außendienst immer so wortkarg, wenn die Sprache auf die Budget-Compliance kommt? Dort wird der Erfolg einer Marketingkampagne oder eines Projekts wohl anderes beurteilt als nach den Maßstäben des Controllings.
Es geht also um die weichen Faktoren, die entscheidend für ein gutes Klima und eine gute Kooperation sind. Eine
offene Kommunikation und mehr Toleranz können hier beiden Seiten helfen. In erster Linie aber auch ein aktives Zuhören und eine wertschätzende Atmosphäre, die von gegenseitigem Verständnis geprägt ist. Diese Ansprüche sind leicht formuliert. Dies in der Praxis zu leben – und zwar immer wieder von neuem – ist schon wesentlich schwieriger. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte sein, ein echtes Interesse für die Inhalte und Probleme des Counterparts in der Fachabteilung zu entwickeln, statt diesen als bloßen Kostenverursacher oder per se ineffizienten Bereich im Unternehmen anzusehen. Vielleicht hat man ja selbst das Geschäft des Fachbereichs noch nicht so richtig verstanden (oder verstehen wollen)? Vielleicht rührt ja manche Überheblichkeit und Arroganz von Controllern auch von dort her? Dann wäre dies doch einmal ein guter Grund, um etwas „Nachhilfe“ aus der Fachabteilung zu erhalten. Außerdem könnte ein verbessertes Miteinander förderlich sein. Konkret kann dies durch eine engere Zusammenarbeit erreicht werden, z. B. in dem ein Teil des internen Reportings gemeinsam konzipiert wird oder ein Forcasting-Tool zusammen überarbeitet wird. Denkbar wäre es auch, ein bestimmtes Projekt gemeinsam durchzuführen (z. B. Organisation eines Workshops zur Verbesserung bestimmter kritischer Prozesse). Diese Dinge würden sowohl der Fachabteilung als auch dem Controlling helfen und könnten für mehr Transparenz im Unternehmen sorgen. Für den Anfang sind vor allem kleinere und überschaubare Aufgabestellungen, die möglichst schnell zum Erfolg führen, sinnvoll. Auch sollten es „echte“ Probleme sein, deren Lösung eine greifbare Verbesserung für beide Seiten bringt. Dies führt am ehesten zu „echten“ und nachhaltigen Gemeinschaftserlebnissen. Inwieweit künstlich inszenierte und quasi erzwungene Gemeinschaftserlebnisse, wie „ein Erlebnistag im Kletterwald“, dieselben Effekte bringen, bleibt fraglich. Für den Einstieg wäre es vor allem wichtig, dass Controller zunächst einmal
Sensibilität für Verhaltensthemen entwickeln. Dies sollte auch von Unternehmensseite unterstützt werden, z. B. durch entsprechende Schulungen.
2.2 Markt und Geschäft verstehen
Controller sind das ökonomische und ertragsmäßige Gewissen im Unternehmen. Sie sind Berater und Business-Partner für Entscheidungsträger und sorgen für die notwendige Transparenz. Controller sollten sich betriebswirtschaftlich besser als andere im eigenen Unternehmen auskennen. Dies ist in vielen Fällen auch so. Trotzdem reicht heute diese Innensicht alleine nicht mehr aus. Um erfolgreich zu sein und betriebswirtschaftlich umfassende Expertisen abzugeben, müssen Controller sowohl das
Geschäftsmodell als auch den Markt zuverlässig beurteilen können. Das Geschäftsmodell an sich zu verstehen, ist oft schon nicht ganz leicht. Trotzdem ist es für jeden Controller unabdingbar, das von ihm betreute Geschäft und die zu Grunde liegenden Prozesse umfassend zu durchdringen. Ohne diese Kenntnisse ist es nicht möglich Entscheidungsträgern fundierte Lösungsvorschläge zu machen. Die Zeiten in denen Controller als eher buchhaltungsfixierte Kostenrechner und reine Datenlieferanten wahrgenommen wurden, sind ohnehin vorbei. Sie haben sich zum Business-Partner für das Management hin entwickelt und sie wollen vom Management bei der Zielfindung, Planung und Steuerung ernst genommen werden. Nur so können sie einen Beitrag zum Erfolg ihres Unternehmens leisten. Außerdem müssen Controller
auch Marktentwicklungen beurteilen können, Strategien von Wettbewerbern kennen und Entwicklungen am Kapitalmarkt einschätzen können.
Alle diese Anforderungen gleichzeitig zu erfüllen ist keine leichte Aufgabe und besonders für Controller, die am Anfang einer neuen Tätigkeit stehen, sehr schwierig. Daher empfiehlt es sich zunächst die
internen Prozesse in der zu betreuenden Fachabteilung und das zu Grunde liegende Geschäftsmodell in Angriff zu nehmen. Je nach Umfang und Tätigkeitsschwerpunkt kann der Fokus dann breiter gefasst werden. Insbesondere Hospitationen vor Ort sind eine sehr empfehlenswerte Maßnahme. So könnte beispielsweise ein Sales Controller zu Beginn seiner Tätigkeit einige Tage beim Außendienst und damit auch beim Kunden verbringen. Ein Marketingcontroller könnte einige Zeit im Produktmanagement und in der Qualitätssicherung zubringen. Somit könnten Controller die Produkte und die Abläufe vor Ort besser kennenlernen. Für Produktionscontroller würde sich ein temporärer Aufenthalt in der Fertigung anbieten, um die dortigen Prozesse besser verstehen zu können. Denkbar wären auch kurzfristige Aufenthalte in ähnlich zahlenlastigen Bereichen wie das Controlling selbst (z. B. Finanzbereich, Treasury). Hierdurch könnte eine bessere Einordnung der Gesamtzusammenhänge im Rechnungswesen erzielt werden. Hierzu später etwas mehr.
Nur wer über den eigenen Tellerrand hinausgeblickt hat und die Denkweise seines Counterparts kennengelernt hat, kann die dortigen Probleme besser einschätzen. Rückfragen lassen sich so auf dem „kleinen Dienstweg“ schnell und effizient klären. So manche Eskalation kann vermieden werden. Außerdem verschafft sich ein Controller durch sein
Interesse und der Präsenz vor Ort Akzeptanz bei den übrigen Beteiligten. Allein schon deshalb kann es sich lohnen, einmal direkt am Geschehen vor Ort zu sein.
2.3 Zu viele Instrumente vermeiden
Um ihren Steuerungs- und Koordinationsaufgaben gerecht zu werden, setzten Controller eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente ein. Controller lieben ihren „Werkzeugkasten“ und sind stolz auf dessen Vielseitigkeit. Neue Instrumente werden erdacht und bestehende verfeinert. Oft werden enorme Datenbanken verwaltet und sehr komplexe Analysewerkzeuge eingesetzt, um das Management mit den entsprechenden Reports zu bedienen.
Die gegenwärtigen Entwicklungen im Hinblick auf künstliche Intelligenz und Big Data befeuern regelrecht die Tendenz zu noch mehr Daten und noch detaillierteren Analysen. Diese Berichte und Entscheidungsvorlagen werden von Managern einerseits gefordert und für sinnvoll erachtet. Andererseits stellt sich jedoch zunehmend die Frage, ob solche ausgefeilten Instrumente von Managern (insbesondere deren vor Ort) auch tatsächlich verstanden werden und, ob sie auch wirklich benötigt werden. Es sollten nicht möglichst viele Werkzeuge entwickelt werden, sondern diejenigen, die für die Steuerung des Geschäfts notwendig sind. Controller sollten hier keine Nabelschau betreiben und neue Methoden um ihrer selbst willen entwickeln. Die grundlegende Frage ist, welches die
relevanten Instrumente zur Steuerung des Geschäfts sind? Dies ist nicht immer leicht zu beantworten. Controller könnten jedoch eine Vorselektion treffen, um mit möglichst wenigen und einfachen Instrumenten nicht in Gefahr zu laufen, ein „Over-engineering“ hinsichtlich der Unternehmenssteuerung zu betreiben. Dies würde zu einer Reduzierung der Komplexität einen wichtigen Beitrag leisten.
Die Devise sollte lauten: „
Keep it simple and understandable“. Sicherlich werden dann einige Informationen und Berichte, die bisher interessant waren, außen vorgelassen. Wenn sie jedoch nicht für die Steuerung des Geschäfts notwendig sind, kann man vielleicht ganz gut auf sie verzichten. Diese Selbstbeschränkung würde sich dann wiederum positiv auf eine Komplexitätsreduktion im Unternehmen als Ganzes auswirken. Zudem haben verständliche und überschaubare Instrumente oft eine höhere Akzeptanz bei Managern vor Ort als komplexe Methoden. Die gleichen Forderungen gelten übrigens auch für andere Gebiete, wie z. B. die Unternehmensplanung, die Budgetierung, die innerbetriebliche Leistungsverrechnung oder die Produktkalkulation. Auch dort wäre eine Beschränkung auf die wesentlichen Tools sinnvoll.
2.4 Kooperationen im Finanzbereich suchen
Wie bereits erwähnt ist es für Controller entscheidend das Geschäftsmodell und den Markt zu verstehen. Es geht darum, aus der eigenen vertrauten Welt herauszukommen und zu verstehen, wie die Kollegen in den von ihnen betreuten Bereichen handeln. Um von seinen Business-Partnern als kompetent wahrgenommen zu werden, ist eine
enge Zusammenarbeit mit Kollegen im Fachbereich nützlich. Nur so können Controller erfolgreich sein.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass Controller einen guten Draht zu Bereichen haben, die mit ihnen verwandt sind. Dies wird in der täglichen Praxis häufig vernachlässigt. Controller sind keine Buchhalter, Treasurer oder Investment Banker. Sie sollen es auch nicht werden. Controller sind aber nicht die einzigen Dienstleister im Unternehmen, die Manager mit entscheidungsrelevanten Informationen versorgen und den Managementprozess der Zielfindung, Planung und Steuerung kritisch begleiten. Andere tun dies auch. Diese Tatsache sollte jedoch nicht zu Ressortegoismen führen. Ein Abschotten und pures Verfolgen der eigenen Interessen bringt Nachteile für alle. Rivalitäten schaden dem Unternehmen mehr als sie nützen. Ein gesunder Wettstreit um die besten Ideen und Ansätze hingegen kann Vorteile bringen. Gerade die Ähnlichkeit der Aufgabenfelder zwischen Controllern auf der einen Seite und Zentral-Finanzern, Revisoren, Accountants etc. auf der anderen Seite bietet gute
Anknüpfungspunkte für Kooperationen. Controller sollten hier die Initiative ergreifen und aktiv die Zusammenarbeit suchen. Dies könnte z. B. eine ein- bis zweitägige Station bei einem Kollegen in der Finanzbuchhaltung sein, um das Kerngeschäft des Rechnungswesens besser zu verstehen. Auch längerfristig angelegte Projekte bieten sich hier an (z. B. im Bereich der Harmonisierung externer und interner Rechnungslegung oder der künstlichen Intelligenz). Der Einblick in Bereiche, die dem Controlling verwandt sind, kann sich lohnen. Auch hier gilt, dass Controller ihr Problembewusstsein für andere Themenstellungen und Denkweisen schärfen können. Zudem kann ein guter Draht zu Kollegen der übrigen Finanz-Community im Unternehmen nicht schaden.
2.5 Im Rechnungswesen kompetent sein
Auch wenn Controller von ihrer Ausbildung her stark vom Rechnungswesen geprägt sind, sind sie keine Accountants. Viele Controller haben ihre Karriere zwar in der Finanzbuchführung oder in der Produktkalkulation begonnen. Ihre Hochschulausbildung weist ebenfalls oft Schwerpunkte dieser Richtung auf. Dennoch ist ihre
Funktion als Business Partner oder „ökonomischer Fluglotse“ eine völlig andere als die des Buchhalters. Das heißt trotzdem nicht, dass der Controller Distanz zum Geschäft des Rechnungswesens halten sollte oder quasi als Steuermann abgehoben über den Dingen stehen sollten.
In seiner Rolle als kritischer Counterpart des Managements, der Führungsunterstützung zur Steuerung des Geschäfts anbietet, müssen Controller
sattelfeste Kenntnisse über die Prozesse im Rechnungswesen haben. Das Rechnungswesen (insbesondere die interne Rechnungslegung) ist nach wie vor eine der wichtigsten Informationsquellen für Controller. Es ist daher unerlässlich, dass sie Buchungsabläufe verstehen und einordnen können. Wer als Controller die Ordnungsmäßigkeit von Buchungen nicht beurteilen kann, wird Akzeptanzprobleme im Rechnungswesen haben. Dass dies nicht sehr förderlich für ein erfolgreiches Controlling ist, dürfte klar sein. Die rechentechnisch korrekte Abbildung des Geschäfts in Bilanz, GuV-Rechnung und Kostenrechnung ist die Grundvoraussetzung für seine Tätigkeit. Sicherlich wird ein Controller kein Spezialist für ausgewählte Bilanzierungsfragen in der internationalen Rechnungslegung oder ähnlichen Dingen werden. Das sollte er auch nicht. Er sollte aber von seiner theoretischen und praktischen Ausbildung her mit diesen Zusammenhängen gut vertraut sein und sie in den Gesamtkontext seiner eigenen Tätigkeit einordnen können. Hierbei hilft es, wenn Controller immer mal wieder eine bestimmte Zeit im externen und internen Rechnungswesen verbracht haben. Vor allem am Anfang einer Controllertätigkeit ist dies sehr zu empfehlen. Aber auch bei Controllern, die über eine langjährige Erfahrung verfügen, kann das Hineinschnuppern an der Basis des Rechnungswesens manchmal sehr aufschlussreich sein (sozusagen „back to the roots“). Ein kritisches Hinterfragen von Praktiken und Abläufen hilft zudem. Nicht das gesamte Know-how kann durch kurzfrist-Aufenthalte aufgefrischt und auf den neuesten Stand gebracht werden. Daher empfehlen sich in Ergänzung auch
Weiterbildungsmaßnahmen durch fachbezogene Lehrgänge. Dies könnte je nach Fachgebiet inhouse oder durch externe Trainer abgedeckt werden.
2.6 Lückenlose Dokumentation anfertigen
Im Rechnungswesen werden die Geschäftsvorfälle des Unternehmens dokumentiert. Dies gehört zu den grundlegenden Aufgaben der Finanzbuchführung. Controller sind zwar keine Buchhalter, sie sollten ihre Analysen aber ebenfalls sauber und lückenlos dokumentieren. Auch ohne rechtliche Vorgaben, wie im Bereich der externen Rechnungslegung, ist dies sehr wichtig.
Controller sind Berater und kritische Counterparts des Managements. Zu ihren Aufgaben gehört es daher auch
unangenehme Wahrheiten klar und deutlich anzusprechen. Dass diese kritischen Botschaften nicht immer gerne von Managern zur Kenntnis genommen werden, gehört fast schon zum Alltag von Controllern. Hierauf muss sich der Controller einstellen. Er muss sachlich und offen damit umgehen. Hierzu später mehr. In jedem Fall ist es ratsam, dass Controller insbesondere bei kritischen Analysen und Berichte eine saubere und detaillierte Dokumentation anfertigen. Nicht immer ist es realistisch, dass Mahnungen oder kritische Hinweise in den Fachabteilungen Gehör finden. Ratschläge werden oft nicht genügend beachtet oder schlichtweg ignoriert. Manchmal ist auch eine Eskalation an höhere Hierarchieebenen schwierig oder politisch nicht gewollt. Als ökonomisches Gewissen des Unternehmens befinden sich Controller hier in der Zwickmühle. Probleme werden erkannt, analysiert und adressiert. Zudem werden Maßnahmen zur Gegensteuerung vorgeschlagen. Trotzdem tut sich wenig. Gerade in solchen Fällen ist die
genaue Dokumentation extrem wichtig. Zum Beispiel lassen Analysen der Gewährleistungs- und Kulanzkosten Rückschlüsse auf die Qualität einzelner Produkte und Produktfeatures zu. Im Zeitablauf kann man hier als Controller gezielt Ansatzpunkte für Qualitätsverbesserungen herausarbeiten. Damit ist die Reduzierung von künftigen Kundenreklamationen und auch der Gewährleistungskosten insgesamt verbunden. Diese Botschaft muss aber auch im Bereich der Qualitätssicherung und in der Finanzabteilung gehört und akzeptiert werden. Qualitätsverbesserungen sind erst einmal kostenintensiv, und zwar heute. Kundenbeschwerden und die damit verbundenen Zahlungen folgen meist erst später. Bei einer ausgeprägten Kurzfristorientierung werden da schon einmal die Warnungen des Controllers, jetzt zu Handeln und die Produktqualität zu verbessern, in Wind geschlagen. Die kurzfristige Rentabilität erscheint wichtiger.
Es geht nicht zuletzt darum, dass Controller belegen können, dass sie
rechtzeitig informiert haben, falls sich bestimmte Konstellationen später wirklich zu einem handfesten Problem entwickeln sollten. Hier geht es nicht um ein „Finger Pointing“. Es geht vielmehr darum, zu belegen, dass das Controlling seine
Frühwarnungsfunktion ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt hat. Trotz aller Warnungen nicht das richtige Gehör zu finden ist sicherlich für Controller alles andere als befriedigend. Dennoch sollten sich Controller in solchen Situationen kein Versagen der eigenen Systeme oder des eigenen Verhaltens vorwerfen lassen und deshalb korrekt dokumentieren. Darüber hinaus ist es auch bei negativen Erlebnissen wichtig weiter am Ball zu bleiben. Mit einer gewissen Penetranz sollten Controller nicht aufhören auf Risiken hinzuweisen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
2.7 Auf sachlicher Basis argumentieren
Controller sind in ihren betriebswirtschaftlichen Analysen nüchtern und rational. Das müssen sie auch sein. Auch in Präsentationen und Diskussionen sollten sie sich so verhalten. Dass dies nicht immer leicht ist, wurde bereits aufgezeigt. Oft heizen sich Diskussionen an bestimmten Punkten auf oder Kollegen aus der Fachabteilung fühlen sich an kritischen Punkten angegriffen und reagieren gereizt. Potenzial gibt es hierzu genügend. Sei es bei Jahresplanungen und Budgetgesprächen, bei monatlichen Performance Reports und Forecasts oder bei der kritischen Beurteilung von Investitionen. Gerade in verbal brisanten Situationen sollten Controller sachlich und besonnen bleiben. Genauso wie in ihren betriebswirtschaftlichen Analysen empfiehlt sich eine
faktenbezogene und möglichst gelassene Kommunikation ohne persönliche Angriffe. Den anderen ernst nehmen und ihm zuhören ist wichtig. Auch sollten Controller nicht der Arroganz verfallen, sie hätten immer die besseren Argumente als ihr Counterpart in der Fachabteilung, da ihre Analysen in Zahlen gekleidet sind. Eine mit Verständnis und etwas Demut gepaarte Haltung kann hier nicht schaden. Schließlich hängt der Erfolg des Controllers nicht nur vom ihm selbst ab, sondern vom Miteinander zwischen ihm und dem Manager.
2.8 Methoden weiterentwickeln
Controlling ist kein Selbstzweck. Es erfüllt vielmehr eine Service- und Unterstützungsaufgabe für das Management und erlangt erst dadurch seine Daseinsberechtigung. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Führung in ihrer Wirksamkeit zu verbessern, in dem gezielt Instrumente zur Planung, Steuerung, Kontrolle und Informationsversorgung eingesetzt werden. Hierbei gestalten Controller die Zielfindungs-, Planungs- und Koordinationsprozesse in Unternehmen. Sie sind auf diese Weise mitverantwortlich für das Erreichen der Ziele. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch nicht, dass Controller ausschließlich das tun sollen, was Manager von Ihnen verlangen, um die Ziele zu erreichen. Reine Erfüllungsgehilfen von Entscheidungsträgern sind sie nicht und sollen sie auch nicht sein.
Mit Blick auf die Aufgaben ist es daher wichtig, dass Controller von Zeit zu Zeit
über ihre Methoden und Werkzeuge nachdenken. Sind diese noch zeitgemäß? Gibt es Verbesserungspotenzial? Gibt es Benchmarks in Bezug auf andere Unternehmen? Was kann von diesen gelernt werden, um besser zu werden? Was ist mit künstlicher Intelligenz? Was tut sich in der Theorieentwicklung an Hochschulen? Diese Fragen können helfen, um nach neuen Instrumenten zu suchen oder bestehende weiter zu optimieren. Es geht dabei aber nicht nur darum möglichst viele Werkzeuge parat zu haben. Wichtiger ist vielmehr einige wenige Instrumente anzuwenden, diese aber dafür konsequent. Das bedeutet, dass man sich auch von überflüssigem Ballast trennen sollte, um sich auf das Wesentliche in der Unternehmenssteuerung zu konzentrieren. Ein Brainstorming mit den eigenen Kollegen aus der Controllingabteilung könnte hier erste Ansatzpunkte liefern. Hilfreich könnte es außerdem sein, am Ende eines größeren Projekts (z. B. Abschluss der Jahresplanung) gemeinsam mit Kollegen über konkrete Lessons learned nachzudenken, um dadurch Prozesse und Methoden zu verbessern. In jedem Fall sollten Controller nicht nur in den von ihnen zahlenmäßig betreuten Bereichen Veränderungen anregen, sondern auch im Controlling-Bereich als Innovatoren Lern- und Optimierungsprozesse in Gang setzten und somit Vorbild sein.
3. Fazit
Um als Controller anerkannt und erfolgreich zu sein, sind nicht nur fundierte fachliche Fähigkeiten erforderlich. Zunehmend sind auch Verhaltensfähigkeiten notwendig. Dieser Artikel hat aufgezeigt, dass es für Controller wichtig ist, das eigene Verhalten kritisch zu reflektieren, um andere Sichtweisen besser verstehen zu können. Außerdem sollten zu viele Instrumente und Methoden in der Kommunikation mit Fachabteilungen besser vermieden werden. Dies könnte zu Konfusion führen. Schließlich ist eine enge und sachliche Zusammenarbeit sowohl mit den betreuten Fachabteilungen als auch mit dem Finanzbereich zu empfehlen. Die vorgeschlagenen Anregungen verstehen sich hierbei als Hilfestellung für die tägliche Praxis. Sie können dabei helfen, dass Controller wirkungsvoller arbeiten und als kompetente und verlässliche Partner wahrgenommen werden.
Der Verfasser:
Prof. Dr. Peter Werner ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre insbesondere Rechnungswesen und Controlling an der Frankfurt University of Applied Sciences.
E-Mail:
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letzte Änderung E.R.
am 11.07.2024
Autor:
Prof. Peter Werner
Bild:
Bildagentur PantherMedia / IgorTishenko
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