Die Tools der Self-Service Business Intelligence (SSBI) sind erst etwa 6 Jahren auf dem Markt. Aber gemessen an diesem sehr kurzen Zeitraum ist um die neuartigen Werkzeuge der Datenanalyse bereits eine beachtliche Sammlung von Missverständnissen entstanden. An der ersten Fehlinterpretation ist das wording von Microsoft nicht ganz unschuldig. PowerPivot!
Wer dachte bei dieser Bezeichnung nicht an eine Pivottabelle mit erheblich mehr Power? Doch aus technischer Sicht war das neue Programmmodul etwas ganz anderes, basierte nicht mehr auf einer Einzeltabelle, sondern installierte und nutzte für alle Auswertungen einen lokalen SQL-Server. Ein Quantensprung für alle Excel-Anwender, nicht unter technischen Vorzeichen, sondern vor allem im praktischen Gebrauch für die Analyse multidimensionaler Daten.
Missverständnis Nummer 2: Die Bibliothek der DAX-Funktionen in PowerPivot enthält zwar zahlreiche Funktionen, welche unter identischem Namen auch in Excel angeboten werden. Doch bedarf es auch bei diesem Handwerkszeug für geübte Excel-Nutzer eines längeren Lernprozesses, um zu erkennen, welche völlig neue Dimensionen des multivariablen Reportings sich durch die Dynamic Analysis Expressions erschließen lassen. Letztlich werden diese und einige andere Missverständnisse aktuell jedoch dadurch getoppt, dass in dem jüngsten Spross der SSBI-Familie zunächst und meist ausschließlich ein nützliches Werkzeug gesehen wird, um mit drei oder vier Mausklicks ein ansehnliches Dashboard für das nächste Managementmeeting zu erstellen.
Von der Schatten-IT zur Schatten-BI
Natürlich erfüllt Power BI Desktop auch solche Anforderungen nach einer gut durchdachten
Visualisierung von Daten, wie sie heute an
interaktive Dashboards gestellt werden. Doch in Beratungen und Seminaren von Unternehmen, die sich bereits aktiv mit den Einsatzmöglichkeiten von Power BI auseinandersetzen, ist mit großer Regelmäßigkeit, ein schrittweiser Erkenntnisprozess zu beobachten: "Power BI ermöglicht nicht nur die Analyse und Visualisierung der Daten, die bereits in unterschiedlichen IT-Systemen unseres Unternehmens gespeichert sind. Die SSBI-Tools beinhalten darüber hinaus verschiedene Elemente, welche zum Themenbereich
Predictive Analytics gehören und nutzen bereits einige Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz!"
Diese Erkenntnis führt im Diskussions- und Entscheidungsprozess, ob und wie man nun Power BI im Unternehmen nutzen soll und kann, zu weitreichenden Konsequenzen. Denn die meisten Firmen haben unter Federführung eigener BI-Abteilungen
Kennzahlen-, Reporting- und Berechtigungsstrukturen aufgebaut. Nicht selten stehen unter dem Gesichtspunkt der Datensicherheit hermetische ERP-Systeme wie SAP im Mittelpunkt der in jahrelanger Kleinarbeit entwickelten sachgerechten Lösungen. Unangenehmer Nebeneffekt dieser Systeme für die Nutzer beispielsweise im Controlling – kleinere Anpassungen im Reporting lassen sich in diesen
ERP-Systemen ungefähr so schnell und leicht realisieren, wie sich ein unter voller Fahrt fahrendes Containerschiff stoppen oder in seinem Kurs ändern lässt. Vielfach wird beklagt, dass Änderungen schier ewig dauern.
In der Vergangenheit schlug in solchen Fällen die Stunde von Excel. Ein beispielsweise in
SAP nicht verfügbarer Report wurde mit der Tabellenkalkulation in akribischer Kleinarbeit selbst entwickelt. Es entstand eine sogenannte
Schatten-IT,
Auswertungen und Reports auf Abteilungsebene, zumeist adhoc erstellt, aber von extremer Lebensdauer und zumeist geduldet von IT- und BI-Verantwortlichen. Mit Power BI und seiner scheinbar ebenso einfachen Verfügbarkeit wie Bedienbarkeit kündigt sich nun ein Paradigmenwechsel an: Es entsteht eine Schatten-BI.
Letzte Änderung W.V.R am 02.07.2021
Autor(en):
Stephan Nelles