
Das mittelständische Unternehmen, bei dem wir dieses Projekt durchgeführt haben,
steht unter massivem Kostendruck und möchten eine Verlagerung der Produktion in ein Billiglohnland unter allen Umständen vermeiden. Deshalb möchte der Lean-begeisterte Inhaber alle
Potenziale im Unternehmen heben und Transparenz in allen Entscheidungen herstellen. Er möchte genauso wenig die durch das Projekt generierten Erfolge bekannt werden lassen, um den Einkäufern keine Gelegenheit zu geben, preisliche Anpassungen zu fordern.
Das
Projekt hat 23% der administrativen und indirekten Kosten reduziert und dazu beigetragen, einige Fehlentscheidungen zu vermeiden. Dies sei vorausgeschickt. Ziel des Projektes war, die Potenziale in den administrativen und indirekten Kosten transparent zu machen und dann zu heben. Die
Variabilisierung der administrativen und indirekten Kosten führt zur
- ressourcengerechten Verteilung der Kosten auf die jeweiligen Kostenträger,
- Aufdeckung der möglichen Optimierungspotenziale in den administrativen und indirekten Funktionen,
- detaillierten Erfassung gelebter Prozesse, Schnittstellen und Kostentreiber
- Entscheidungen, die auf einer realen Kostenzuordnung basieren
Damit gelingt es, die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Kostenträger auf Basis von variabilisierten Kostenanteilen der administrativen, indirekten und Fertigungs-Kosten aufzuweisen und Ansätze für die Hebung der Potenziale in dem bisher völlig
intransparenten Gemeinkostenblock zu finden.
Wir knipsen sozusagen das Licht in der Blackbox
Gemeinkosten an.
Wie kann das gelingen?
Die Basis bilden die vom Lean Management Institut entwickelten Ansätze zur
Lean Administration, d.h. die Übertragung der Lean-Philosophie „Werte ohne Verschwendung zu schaffen“ von der Produktion auf die administrativen und indirekten Bereiche.
Mit Hilfe der
Wertstromanalyse sind wir in der Lage, die durch das Unternehmen laufenden Prozesse vom Kunden zum Kunden transparent zu machen und auf dieser Basis zu optimieren. Mit dem
Abteilungscockpit gelingt es, ein Röntgenbild der untersuchten Funktionen anzufertigen.
Das heißt, mit dem Abteilungscockpit können wir
- den Ressourcenverbrauch für alle Tätitgkeiten in der jeweiligen Funktion aufzeigen,
- die Haupt- und Neben- und organisatorischen Tätigkeiten auf die jeweiligen Kostenträger verteilen und unter Wertschöpfungsaspekten zuordnen,
- die Schnittstellenprobleme zwischen den einzelnen Funktionen identifizieren,
- die Optimierungspotenziale in den Abläufen und Ressourcenverbräuche der jeweiligen Funktionen aufzeigen und
- die Kosten den jeweiligen Kostenträgen zuordnen.
Das Abteilungscockpit bildet somit die
Grundlage für die Identifizierung der jeweiligen Ressourcenverbräuche je Kostenträger und zeigt die wertschöpfenden Anteile, die ineffizienten aber notwendigen Tätigkeiten, die möglichen Unter- bzw. Überkapazitäten, sowie die im Prozess behafteten Verschwendungen auf.
Abb. 1: Das Abteilungscockpit
Der Aufwand für alle Mitarbeiter in den untersuchten Funktionen wurde durchschnittlich mit 4 – 5 Stunden angegeben.
Die Vorteile, die von den Mitarbeitern zurückgespiegelt wurden, lauteten
- Endlich haben wir Transparenz in unseren Tätigkeiten, wissen, was wer macht und können damit die Ressourcenaufteilung bündeln.
- Das Denken in Wertschöpfung und Verschwendung hat zu vielen neuen Anstößen für Verbesserungsmaßnahmen geführt.
- Wir konnten endlich die Schnittstellenprobleme adressieren und mit unseren Kollegen aus den anderen Abteilungen – wenigstens zum Teil – lösen.
- Und wir haben das Gefühl, ein Teil des Ganzen zu sein.
Der nächste Schritt in unserem Projekt beinhaltete die
Zuordnung der administrativen und indirekten Kosten auf die Ressourcen der verursachten
Kostenträger. Hierfür haben wir den vom Lean Management Institut entwickelten Werterfassungsbogen und dem Wertabrechnungsbogen genutzt.
Durch die Ergänzung der heutigen
Kostenrechnung mit Hilfe eines Werterfassungsbogens und dem
Wertabrechnungsbogen, werden die realen administrativen, indirekten und Fertigungskosten der jeweiligen Kostenträger sichtbar gemacht und die möglichen Potenziale bezüglich der
- eigentlichen Wertschöpfung,
- Ineffizienz von Prozessen,
- Verschwendung in den Prozessen und
- Überproduktion
wiedergegeben.
Abb. 2: Aufteilung der Kosten nach Lean-Gesichtspunkten
Dabei sind der Werterfassungsbogen und der Wertabrechnungsbogen lediglich
Ergänzungen zum Betriebsabrechnungsbogen, die nach und nach eingeführt werden können.
Den Ausgangspunkt bildet demnach der
BAB mit den Kostenstellen und Kostenarten. Für je eine Funktion oder für ein Projekt wird ein
Werterfassungsbogen (WEB) auf Basis des BAB erstellt. Ein WEB stellt die Wertschöpfung, Überkapazität, Ineffizienz und notwendige Verschwendung je Kostenstelle/Kostenart dar. Alle WEBs werden im WAB zusammengeführt. Der WAB zeigt, welcher Kostenanteil zum Werte schaffen eingesetzt wurde. Der WAB konsolidiert über alle Funktionen oder Projekte und zeigt das Kostenpotenzial auf Grundlage der vorhandenen BAB-Struktur auf.
Abb. 3: Instrumente der Wertabrechnung
Vorteile der Wertabrechnung
- Fortführung des bestehenden Kostenrechnungssystems
- Sinnvolle Ergänzung mit sehr guter Kosten-Nutzen-Relation
- Sehen lernen durch den Vergleich zwischen BAB und Wertabrechnung
- Effekte der Optimierungsmaßnahmen werden in der Reduktion der Summe nicht wertschöpfend eingesetzter Kosten etc. sichtbar
- Ergebnis der Wertabrechnung im Zeitverlauf zeigt die Erfolge auf dem Weg zur Kostenoptimierung in administrativen und indirekten Bereichen
Laut dem Inhaber ist es gelungen
- Produktgruppen zu identifizieren, die ergebnismäßig völlig unterbewertet waren, da sie wenig Ressourcen im Bereich Steuerung, Qualität und Logistik verursacht haben.
- Produktgruppen zu identifizieren, die einen hohen unwirtschaftlichen Beitrag geliefert haben, da diese in der Entwicklung, in der Qualität sowie im Produktanlauf, in der Investitionsrechnung nicht eingeplante Kosten verursacht haben, aber eigentlich vorher ganz gut dastanden. Dies hat zu einer Konzentration der Optimierungsmaßnahmen auf diesen Produktgruppen geführt und letztlich dazu, dass ein Produkt in Zukunft nicht mehr produziert wird.
- die Logistikkosten fast zu halbieren, da die Mitarbeiter auf Basis der Analyse mittels Abteilungscockpit viele Schnittstellenprobleme zur Produktion und zur Fertigungssteuerung aufgedeckt haben und durch gemeinsame Arbeitsgruppen z.T. lösen konnten.
- den Neuanlauf von Produkten ganz neu zu organisieren, indem man Mitarbeiter aus der Entwicklung, der Qualität, dem Controlling und der Produktion in einer Produktgruppe zusammengebracht und für den Anlauf von Produkt XYZ verantwortlich gemacht hat. Diese Projekte wurden vom Controller mit einem Werterfassungsbogen transparent gemacht.
- die Initiative und Motivation der Mitarbeiter zu fördern und das Verständnis von Wertschöpfung und Verschwendung zu verbessern. So wurden z.B. einfache Prozesse wie die Postverbreitung, Reisekostenabrechnung und Urlaubsplanung wieder zentralisiert und nicht dem wertschöpfend, arbeitenden Ingenieuren in der Entwicklung aufgebürdet und ihnen damit mehr wertschöpfende Zeit zu geben.
- die Außendienstmitarbeiter im Vertrieb von der Bürokratie zu entlasten und in einem Vertriebsinnendienst zuzuordnen.
- und vieles mehr.
Der Inhaber stellte fest: „Durch die neue Transparenz ist ein Rutsch durch die Firma gegangen. Jeder fühlt sich als Teil des Ganzen – auch wenn es für manche Abteilungsleiter schwer war, ein Röntgenbild seiner Abteilung zu akzeptieren und dann richtig zu reagieren.“
letzte Änderung B.W.
am 30.07.2025
Autor:
Dr. Bodo Wiegand
Bild:
Bildagentur PantherMedia /Antonio Guillen Fern ndez
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Autor:in
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Dr. Bodo Wiegand
Dr.-Ing., Dipl.-Kfm. Bodo Wiegand ist seit 25 Jahren Lean Management-Berater in der deutschsprachigen Wirtschaft und Experte rund um die Themen Lean Management und Lean Administration. Er ist Gründer und Leiter des Lean Management Instituts (LMI) mit Standorten in Mülheim an der Ruhr und in Zürich sowie Autor von Wirtschaftsbüchern und Lehrwerken zum Thema Lean Management.
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