Investitionsrechnungen im inflatorischen Umfeld stellen erhöhte Ansprüche an die Bewertungsmethodik. Denn schon geringe zeitliche Abweichungen z. B. beim Eintreffen von Einzahlungen können die Vorteilhaftigkeit eines Business Case kippen lassen. Wenn dann auch noch die Gefahr droht, dass Ertragssteuern Scheingewinne besteuern, wird die Situation noch schwieriger.
1. Vorteilhaftigkeit von Investitionen bei Inflation
Gute Entscheidungen über neue
Handlungsmöglichkeiten (Investitionen, Projekte, Alternativen etc.) bestimmen die Zukunft von Unternehmen. Entsprechend gibt es viele Vorschläge, wie die
Vorteilhaftigkeit zu bestimmen ist. Als die besten Verfahren haben sich die
Vollständigen Finanzpläne herauskristallisiert (vgl. z. B. Götze, S. 126 oder Varnholt/Lebefromm/Hoberg, S. 509 ff.).
Damit die Verfahren auch gute Ergebnisse liefern können, muss die Voraussetzung erfüllt sein, dass die Zahlungsströme korrekt bestimmt wurden (vgl. Brealey/Myers/Allen, S. 133 ff.). Dafür besonders geeignet ist die erweiterte
Differenzmethode (vgl. Hoberg (2015), S. 132 ff.).
Mit ihr werden Zahlungen und Änderungen von Zahlungen abgeleitet, die im Vergleich zur Situation ohne die Handlungsmöglichkeit ausgelöst würden. Schwierig wird es, wenn die Effekte von
Ertragsteuern und Inflation berücksichtigt werden sollen.
Inflation ist für die meisten Industrieländer zurzeit kein Thema, aber es gibt einige Länder wie z. B. die Türkei (inzwischen 2-stellig) oder Argentinien, wo eine jährliche Inflationsrate von über 20 % herrscht. Und die chaotische Lage in Venezuela ist da noch nicht einbezogen: Dort herrscht
Hyperinflation mit ca. 800 % Preissteigerung.
Langfristig könnte die Inflation auch in Europa wieder ein Thema werden für den Fall, dass die Staaten versuchen, ihre Probleme hinsichtlich ihrer aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldungen über die Notenpresse zu lösen. Im Falle von Inflation müssen auch die Ertragssteuern berücksichtigt werden, weil diese im inflationären Umfeld nicht selten zu
Scheinbesteuerungen führen.
Der
Controller sollte somit in der Lage sein, Investitionsrechnungen auch bei hoher Inflation richtig durchzuführen.
2. Notwendige Anpassungen bei der Datenerfassung
Inflation übt einen Einfluss auf fast alle Preise aus. Dies gilt auch für den Preis des Investitionskapitals, die
Verzinsung. Die folgende Abbildung zeigt die Zusammensetzung des Zinssatzes mit Beispielsdaten:
Abb. 1: Bestandteile von Zinssätzen
Letzte Änderung W.V.R am 11.10.2022
Autor(en):
Dr. Peter Hoberg