Unser Controlling-Verständnis
In einer zunehmend digitalen Welt [1] verstehen wir (vgl. Eschenbach/Siller 2019, S. 92)
Controlling als eine die Unternehmensführung
- ergänzende Funktion im Sinne des Ausgleichs von Defiziten bei Führungskräften im methodischen, betriebswirtschaftlichen und informationstechnischen Können,
- entlastende Funktion im Sinne der Übernahme von Aufgaben, die zwar dem Management obliegen, die es aber aus Kapazitätsgründen temporär (z.B. Vorbereitung bestimmter (wichtiger) Entscheidungen) oder dauerhaft (z.B. interne Unternehmensberatung) an das Controlling delegiert,
- präventive Funktion im Sinne der Einrichtung eines Frühaufklärungssystems zwecks Erkennen von Chancen und (u.a. Prozess-, Liquiditäts-, Personal-)Risiken und zur Verhinderung eines zu hohen Risikoappetits der Führung (z. B. angesichts hoher Windfall-Gains und Cash-Überschüsse aus dem E-Business, befeuert durch Corona).
Zweck des Liquiditäts-Controllings
Was ist
Liquidität? Darunter versteht man einerseits die Fähigkeit einer Organisation, ihren Zahlungsverpflichtungen vollständig und fristgerecht nachzukommen und andererseits den alternativen Ausdruck für flüssige Mittel (wie Bargeld, Bankguthaben u. Ä.).
Liquidität ist nicht gleich Cashflow. Der
Cashflow ist der Saldo der Zu- und Abflüsse liquider Mittel innerhalb einer Periode; also eine Zeitraumgröße. Liquidität hingegen ist gleich Anfangsbestand am Beginn einer Periode +/– Cashflow der Periode und somit eine Zeitpunktgröße.
Die Bedeutung des Themas Liquidität kann auch mit folgendem Sprichwort deutlich gemacht werden: "Ohne Geld keine Musik!" Oder mit ebenso wahrem Hintergrund: "Cash is fact, profit is opinion." Zweck eines Liquiditäts-Controllings ist es nicht, etwa im Nachhinein zu klagen, wie z.B. nach einem Lockdown: "Ach hätten wir doch nur früher (mehr) Rücklagen angelegt, dann wären wir jetzt nicht in der Liquiditätskrise!", sondern vielmehr die
Unterstützung der Unternehmensführung
- bei der Entwicklung der Investitions- und Finanzierungsstrategie/n
- in einem vorausschauenden Working Capital Management und
- bei frühzeitiger Planung, Umsetzung und Kontrolle von (operativen) Maßnahmen im Zusammenhang mit Ein- und Auszahlungen (Liquiditätsregelkreis)
- durch rechtzeitiges Reporting über Liquiditätsstatus und -entwicklung.
Strategisches und operatives Liquiditäts-Controlling
Im Navigationssystem der Unternehmensführung nach Gälweiler (vgl. Eschenbach/Siller 2019, S. 62 und 106) sind drei Ebenen vorgesehen:
- normative Ebene, also die Ebene der Unternehmenspolitik und eines Code of Ethics, wo z. B. ein grundsätzliches Verbot korruptiver Praktiken und "schwarzer Kassen" verankert werden sollte
- strategische Ebene, auf der es um Schaffung neuer und Erhaltung bestehender Erfolgspotenziale, wie u.a. Sicherung verlässlicher Finanzierungsquellen und erfolgversprechender Investitionsmöglichkeiten geht.
- operative Ebene, wo es vor allem um Finanzpläne und Cashflow-Rechnung, (gemeinsam mit dem Treasuring) um Kapitalbeschaffung, Finanzkennzahlen, Liquiditätskontrolle und Liquiditätsrisiko-Controlling geht
Klammer über die drei Ebenen ist ein effektives, empfängerorientiertes Liquiditäts-Reporting durch Controlling an
Liquiditätsmanagement bzw. Treasuring. Wichtig ist der Vorsteuerzusammenhang zwischen den oben genannten Ebenen: Eine funktionierende normative Ebene ist die Voraussetzung für Erfolg auf der strategischen Ebene und dieser ist in weiterer Folge Voraussetzung dafür, dass letztlich "die Kasse klingelt".
Wesentliche Aufgaben des Liquiditäts-Controllings
Abb. 1 nennt die wesentlichen Supportaufgaben des Liquiditäts-Controllings (in loser Anlehnung an Baumüller 2021, S. 89). Die probaten Instrumente
Finanzplan und
Cashflow-Statement müssen hier wohl nicht thematisiert werden.
Abb. 1
Liquiditätsrisiko-Controlling
Unter Liquiditätsrisiko wird hier die negative Abweichung bei der Erreichung der Liquiditätsziele verstanden.
Wichtige Treiber von Liquiditäts-Chancen und -risiken, die es (durch Liquiditätsmanagement bzw. Treasuring) zu steuern und (durch Liquiditäts-Controlling) zu regeln gilt, sind vor allem Entscheidungen über (vgl. Eschenbach/Siller 2019, S. 319):
- Aktionen bei und Reaktionen auf Chancen und Risiken der Märkte (besonders Beschaffungs-, Absatz-, Arbeits-, Finanz-, Kapitalmarkt)
- Investitionen bzw. Desinvestitionen
- Maßnahmen und Prozesse im finanzwirtschaftlichen Kreislauf (C2C-Zyklus)
- Gestaltung der Beziehungen zu verlässlichen Lieferanten und Kreditinstituten.
Risiken für die Liquidität sind vor allem:
- Einzahlungen unter Plan
- Auszahlungen für betriebliche Ressourcen über Plan
- fehlendes Hedging gegen Währungs- oder Zinssatzänderungsrisiken
- Risiko eines zu hohen Verschuldungsgrads (Gearing)
- Risiko, nicht über adäquate Finanzierungsquellen zu verfügen
- zu riskante Investitionen
- schlechtes Rating des Unternehmens
- zu hoher Vorratsstand
- Risiko nicht mehr kostendeckend bzw. gewinnbringend verkäuflicher Vorräte
- zu hohe bzw. zu viele fällige Lieferforderungen
- Risiko von Wertberichtigungen bzw. des Ausfalls von Forderungen
- Risiko der Überliquidität
- Risiko der Unterschlagung und Malversation (Fraud).
Letzte Änderung W.V.R am 02.05.2022
Autor(en):
Dr. Helmut Siller