Es war wieder soweit. Nach einer anstrengenden Woche trafen sich die erfolgreichen Unternehmer der Kleinstadt wieder im örtlichen Golfclub, weniger des Sportes wegen, sondern hauptsächlich, um unter sich zu sein. Sie saßen im gemütlichen Kaminzimmer und wurden von Ihrer Lieblingskellnerin Pauline bedient. Sie war BWL-Studentin und freute sich schon immer auf die Unternehmerrunde.
Neben den großzügigen Trinkgeldern gab es häufig amüsante Streitgespräche, im Laufe derer die Unternehmer ihr Praxisferne vorwarfen, sie aber häufig mit neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen ganz frisch aus der Vorlesung für Verblüffung sorgen konnte. Dies war für die erfolgsgewohnten Unternehmer nicht ganz unwichtig, denn als Patriarchen der alten Schule gab es in ihren Unternehmen keine ausgeprägte Diskussionskultur. Viele ihrer Mitarbeiter hatten sich damit abgefunden, dass der Chef immer Recht hatte und wagten kaum noch, auf Probleme hinzuweisen. Auch deswegen war der Golfclub nützlich, denn von Kollegen konnte man ja Ratschläge (und natürlich Aufträge) annehmen.
Der Ablauf der munteren Runde startete immer gleich. Nachdem jeder unaufgefordert sein Lieblingsgetränk erhalten hatte, wurde gefragt: „Nun, Paulinchen, was hast Du denn diese Woche Besonderes an der Hochschule gelernt?“ Meist wurde noch ein Studentenwitz angehängt (schön, dass Du uns zuliebe schon um 15 Uhr aufgestanden bist).
Wie üblich wurde zunächst über die aktuellen Pläne der Regierung geschimpft. Die edle Runde war sich einig, dass sich das extrem teure Programm zur Verbesserung der Infrastruktur fatal auswirken würde. Damit würden dringend notwendige Reformen wieder einmal in die Zukunft verschoben.
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Dieter Durchblick, der Wirtschaftsredakteur fasste es wie folgt zusammen: „Wenn der Staat glaubt, investieren zu müssen, sollten alle Alarmglocken schrillen. Seht Euch die gescheiterten Habeck-Projekte der Chipfabrik von Intel in Magdeburg und die Investitionen für den Batteriehersteller Northvolt an. Es wurde jeweils Hunderte von Millionen in den Sand gesetzt.
Pauline konnte ergänzen: „Wir haben in VWL gelernt, dass die Subventionen unter Habeck im Zeitraum von 2022 bis 2024 um 170% gestiegen sind im Vergleich zum vorigen Dreijahreszeitraum. Es sind jetzt über 70 Mrd. €.“
Stefan Steuer kam auf die Sonderprogramme zurück: „Die Gefahr von den Sonderschulden – bitte nicht den Politikern auf den Leim gehen, die von Sondervermögen sprechen – besteht darin, dass der Druck zum Sparen und Priorisieren aus den Haushalten genommen wird. Ganz schlimm ist es, dass die Bundesländer kaum Vorgaben erhalten haben, das Geld wirklich für die genannten Zwecke auszugeben. Sie werden somit zumindest teilweise die normalen Haushaltsprobleme „lösen“. Das ist aber nur eine vorübergehende Lösung. Denn die Schulden werden dann mit Zinsen bedient werden müssen. Von den Sonderschulden für Corona ist noch kein Euro zurückgezahlt worden.“
Nur
Rudi Ruhelos, der muntere Rentner, äußerte Zufriedenheit. Als er die überraschten Blicke der Kollegen sah, führte er aus: „Nun, ich habe keine Kinder (zumindest soweit ich weiß) und bin froh, wenn der Tag der Abrechnung noch einige Jahre nach hinten geschoben wird, so dass ich davon weniger oder sogar überhaupt nicht mehr betroffen bin.“ Pauline fragte entrüstet: „Sie finden es also richtig, dass meine Generation in einigen Jahren in den Sand beißen wird?“ Rudi Ruhelos wurde rot und ruderte zurück: „Pauline, das war sarkastisch gemeint, um zu zeigen, wie verantwortungslos die Politiker agieren.“
David Durst, der Getränkehändler, fragte in die Runde: „Wie soll das alles bezahlt werden? Zumal die schwierigen Jahre ja erst auf Deutschland zukommen, Denn das Ende des deutschen Trittbrettfahrens in der Verteidigung und auch das demographische Problem werden die Lage weiter verschärfen.“
Stefan Steuer antwortete: „Mein lieber David, die Finanzierung kann nur über die Bürger funktionieren, die (noch) etwas haben. Und das Ganze hat bereits angefangen. Die Sparer werden seit Jahren schleichend enteignet.“
Norbert Naseweis, der Marketingberater, protestierte: „Aber immerhin liegen die kurzfristigen Zinssätze jetzt auf Höhe der Inflation, so dass wir wenigstens unser Kapital erhalten können.“
Willi Watt, der Chef des örtlichen Energieversorgers, musste korrigieren: „Das stimmt nur auf den ersten Blick. Denn wir müssen die Zinsen für unser bereits versteuerte Geld ja jenseits der lächerlichen Freibeträge versteuern: Mit 25% bzw. mit 26,375% inkl. Soli; darauf ev. noch die Kirchensteuer. Wenn Du jetzt einen Zinssatz von 2,5% - was ein ziemlicher hoher Satz wäre - und eine Inflationsrate in gleicher Höhe hast, verlierst Du. Denn die 2,5% vor Steuern sind wegen der Abgeltungssteuer nur 1,84% wert. Nach der Inflationsrate von 2,5% ergeben sich Kaufkraftverluste. Der Staat besteuert also die Substanz.“
Kurt Kappe ergänzte: „Viele Banken zahlen sogar nur noch ca. 1% im kurzfristigen Bereich. Dann bleiben nach Steuern nur noch 0,73625%, was deutlich unter der Inflationsrate liegt. Bei den Zinsen hat die schleichende Enteignung also schon lange begonnen. Und an die Phase der durch die EZB durchgesetzten Zinssätze will ich gar nicht zurückdenken.“
Dieter Durchblick nickte und wies auf ein weiteres Problem hin: „Eine weitere tickende Zeitbombe besteht im digitalen Euro.“ Als er die fragenden Gesichter sah, führte er aus: „Nach einigen Jahren der Vorbereitung wurden vor kurzem die Grundlagen für eine Einführung auf europäischer Ebene gelegt. Seit 6/2021 ist dies ein Projekt der Europäischen Zentralbank (EZB). Die offizielle Begründung für dieses Projekt lautet, dass Europa den amerikanischen Zahlungsdienstleistern wie Paypal, Mastercard, Apple und Visa nicht den Markt kampflos überlassen soll.“
Jetzt schaltete sich
Zacharias Zaster, der Bankdirektor ein: „Wir Banken sehen dieses Projekt auch mit großer Sorge. Zunächst einmal wird die Einführung den Banken Milliarden an Investitionen abverlangen und das in einer Zeit, wo wir mit den IT-Projekten kaum hinterherkommen. Zum anderen entsteht damit natürlich auch ein großer Wettbewerber. Und zwar einer, der die Spielregeln bestimmt. Da können wir nur verlieren.“
Carlo Controletti, der Wirtschaftsprüfer, gab zu bedenken: „Auch die Begründung der Verbrechensbekämpfung wurde und wird immer wieder angeführt. Aber das stimmt nur teilweise. Denn der Staat braucht den digitalen Euro, um die Kontrolle über die Bürger zu bekommen. Danach kann er z. B. entscheiden, wofür der Euro des Bürgers noch ausgegeben werden darf. Oder er kann eine Sondersteuer beschließen und gleich einziehen. Auch können einzelne Teile des digitalen Euros mit einem Verfallsdatum versehen werden, so dass die Beträge ausgegeben werden müssen.“
Zacharias Zaster ergänzte: „Ab dem 10. Juli 2027 tritt in der gesamten Europäischen Union eine neue Obergrenze für Bargeldzahlungen in Kraft. Bei Zahlungen über 3.000 € muss man sich ausweisen, Beträge über 10.000 € sollen verboten werden. Das dient zwar auch der Bekämpfung der Geldwäsche, hat aber schlimme Nebenwirkungen. Eine Flucht aus dem digitalen Euro in Bargeld wird dann sehr schwierig.“
Carlo Controletti wusste noch Schlimmeres: “In Spanien gilt jetzt schon, dass man Geldabhebungen ab 3.000 € vom eigenen Konto mindestens 24 h vorher beim Finanzamt anmelden muss, inkl. der Verwendung.“
Nun schaltete sich
Kasimir Keller ein, der es vom Lehrling zum erfolgreichen Bauunternehmer geschafft hatte: „Auch im Bau findet eine Enteignung statt, und zwar durch das Heizungsgesetz und immer neue Bauvorschriften. Die Folge besteht in einer wesentlichen Entwertung vieler älterer Gebäude und in einer Verhinderung von Neubauten. Die von der Ampel und dort insb. von der SPD versprochene Anzahl von 400.000 Wohnungen pro Jahr wurde weit verfehlt, obwohl eher mehr neue Wohnungen gebraucht würden. Aufgrund immer neuer Vorschriften ist der Wohnungsbau inzwischen so teuer geworden, dass 20 €/m2 als Kaltmiete verlangt werden müssen. Das können sich viele Bürger nicht mehr leisten. Und für die vielen Bürgergeldempfänger und Aufstocker muss der Staat diese hohe Miete selbst bezahlen, was die nächsten Steuererhöhungen nach sich ziehen wird.“
Zacharias Zaster wies auf einen weiteren Effekt hin: „Ich sehe in meiner Bank immer häufiger Fälle, in denen ich auch gut verdiendenden Kunden vom Kauf einer Immobilie abraten muss, damit sie sich nicht übernehmen. Wenn die Mittelschicht sich vom Traum der eigenen Immobilie verabschieden muss, ist das langfristig schlimm.“
Carlo Controletti sorgte für etwas Hoffnung: „ Aber immerhin hat die neue Bundesregierung das Problem erkannt und will das Bauen günstiger machen. Hoffentlich ist sie erfolgreicher als die bisherigen. Immerhin gibt es ja seit 10 Jahren eine Kommission. Aber zuerst muss sich die Regierung gegen neue kostentreibende Regeln aus der EU wehren.“
Bernard Birkenstock, der Leiter einer Biomarktkette, bemerkte: „Die hohen Mieten sind nebenbei gesagt auch extrem unsozial, weil nur noch arrivierte Personen im Wettbewerb um die wenigen knappen Wohnungen zum Ziel kommen.“
Pauline bestätigte das: „Es ist für Studenten fast unmöglich geworden, halbwegs bezahlbare Wohnungen zu bekommen.“
Stefan Weihen, der Besitzer einer Molkerei, lenkte die Aufmerksamkeit auf eine weiteres Problem: "Wir dürfen auch die Fehlentwicklungen in der Renten-, Pflege- und Krankenversicherung nicht vergessen. Das geht leider wieder gegen Deine Generation, Pauline. Für Eure jährlich steigenden Rentenbeträge werdet Ihr später einmal lächerliche Renten bekommen. Und die explodierenden Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung werden wohl kaum entsprechende Leistungen nach sich ziehen. Das Schlimme ist, dass für die sich anbahnende Kostenkatastrophe aufgrund des demographischen Problems keine Rückstellungen gebildet wurden. Wir Babyboomer hätten noch mehr bezahlen müssen. Das hat sich aber kein Politiker getraut zu sagen und erst recht nicht zu machen.“
Dieter Durchblick schimpfte auf die hohen Strompreise: „Wir haben eine Doppelwirkung der extrem hohen Strompreise Wir verlieren direkt durch die höheren Kosten und indirekt dadurch, dass viele Investitionen aus Deutschland abgezogen werden und damit viele gute Arbeitsplätze verloren gehen.
Als
Stefan Steuer die betrübten Gesichter der Teilnehmer sah, versuchte er eine Beruhigung: „Für uns in dieser Runde wird es zwar wesentlich teurer, aber wir werden trotzdem noch gut leben können, auch wenn es keinen Spaß macht, den Rückgang mitzuerleben.“
Die Teilnehmer der edlen Runde nahmen sich vor, ihr Vermögen genauer zu untersuchen, um Wege aus der fortlaufenden Enteignung zu finden.
letzte Änderung P.D.P.H.
am 20.06.2025
Autor:
Prof. Dr. Peter Hoberg
Bild:
Bildagentur PantherMedia / RainerPlendl
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Autor:in
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Herr Prof. Dr. Peter Hoberg
Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Worms. Seine Lehrschwerpunkte sind Kosten- und Leistungsrechnung, Investitionsrechnung, Entscheidungstheorie, Produktions- und Kostentheorie und Controlling. Prof. Hoberg schreibt auf Controlling-Portal.de regelmäßig Fachartikel, vor allem zu Kosten- und Leistungsrechnung sowie zu Investitionsrechnung.
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