Personalkosten stellen in vielen Branchen gleich nach den
Materialkosten die wichtigste
Kostenart dar. In Serviceunternehmen sind sie häufig sogar die Kostenposition Nummer 1. Deswegen muss ein Unternehmen genau wissen, was eine gearbeitete Stunde an Kosten verursacht. Nur so kann richtig kalkuliert werden, so dass daraus dann die richtigen Entscheidungen abgeleitet werden können.
Grundgleichung
Die Auszahlungen für die Mitarbeiter fallen nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt an, sondern in einigen Monaten sind diese Zahlungen höher oder niedriger. In den Monaten mit
Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Bonus etc.) sind sie besonders hoch. Um diese Schwankungen auszugleichen, empfiehlt sich eine
Jahresbetrachtung. Überjährliche Faktoren (z. B. Boni für mehrjährige Ziele) müssten ggf. ergänzt werden, sind aber nicht sehr häufig. Die Personalkosten pro Stunde (PKS) ergeben sich dann wie folgt:
PKS = JPK/JA in €/h
PKS: Personalkosten pro Stunde in €/h
JPK: Jährliche Personalkosten in €/Pe
JA: Jahresarbeitszeit in h/Pe
Die jährlichen
Personalkosten JPK – gemessen in Euros in der betrachteten Periode - werden somit dividiert durch die Jahresarbeitszeit - gemessen in Arbeitsstunden in der betrachteten Periode. Mit dem resultierenden Stundensatz können dann viele
betriebswirtschaftliche Kalkulationen durchgeführt. Somit sind im nächsten Schritt die jährlichen Personalkosten und dann die Jahresarbeitszeit zu bestimmen.
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Ermittlung der jährlichen Personalkosten
Zum
Bruttolohn kommt noch der sogenannte
zweite Lohn. Er umfasst:
- zusätzliche Lohn- und Gehaltsbestandteile sowie
- den Effekt bezahlter aber nicht gearbeiteter Stunden.
Neben den Boni, Weihnachts- und Urlaubsgelder usw. sind auch weitere Elemente wie die Arbeitgeber-
Sozialabgaben zu berücksichtigen. Denn der Arbeitgeber muss knapp die Hälfte der Gesamtbeiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bezahlen. Aus Arbeitgebersicht muss mit einem Aufschlag von ca. 20 % auf alle Teile des Bruttogehaltes (also auch auf die Prämien, Urlaubs- und Weihnachtsgelder) gerechnet werden. Dazu dürfen die Kosten für eine Firmenrente, Versicherungen, Essenszuschüsse usw. nicht vergessen werden.
Beispiel:
Für einen Arbeitnehmer mögen die folgenden Kosten im betrachteten Jahr anfallen:
Bruttogehalt: 12 x 2000 €/Monat =
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24.000 €/a
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13. Gehalt:
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2.000 €/a
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Weihnachtsgeld:
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1.000 €/a
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Zwischensumme:
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27.000 €/a
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Darauf 20% Arbeitgeberbeiträge zu SV
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5.400 €/a
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Kosten für Firmenrente:
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800 €/a
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Essenszuschuss:
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300 €/a
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Sonstige Kosten
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2.500 €/a
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Summe Personalkosten:
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36.000 €/a
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Bei einem
Jahresbruttolohn von 24.000 €/a beträgt der Stundenlohn 24.000 €/a / (261*8 h/a) = 11,49 €/h. Gegenüber der Summe der Stundenlöhne von 24.000 €/a liegen die Summe der Personalkosten pro Jahr mit 36.000 €/a bereits 50 % höher.
Ermittlung der tatsächlichen Jahresarbeitszeit
Der Arbeitgeber interessiert sich hauptsächlich für die Zeiten, in denen der
Mitarbeiter im Betrieb ist und auch
arbeitet. Diese Zeit ist aus Sicht der Unternehmen leider (aus Mitarbeitersicht erfreulicherweise) viel kleiner als die Anzahl der bezahlten Tage. Denn bezahlt werden i. d. R. alle Tage mit Ausnahme der Tage an den Wochenenden, so dass ca. 261 Tage pro Jahr resultieren. Um zur Anzahl der Anwesenheitstage zu kommen, müssen folgende nicht gearbeitete Zeiten abgezogen werden:
- Urlaub
- Krankheit
- Fortbildung
- Feiertage
- Zeiten für interne Zwecke (z. B. Informationsaufnahme etc.)
Bei 30 Urlaubstagen, 10 Krankheitstagen, 11 Feiertagen und 10 Tagen für
sonstige Nichtarbeitszeiten (Fortbildung, Betriebsfest etc.) erhält man 61 Abzugstage pro Jahr (d/a) oder - in Stunden bei einer 40 Stundenwoche ausgedrückt - 61 d/a * 8 h/d = 488 Stunden pro Jahr. Die Anwesenheitszeit beträgt somit 200 Anwesenheitstage * 8h/d = 1600 h/a.
Somit ergeben sich durchschnittliche Kosten pro Anwesenheitsstunde von 36.000/1600 = 22,50 €/Anwesenheitsstunde. Aus dem
Bruttostundenlohn von 11,49 € pro bezahlter Stunde ist also ein ca. doppelt so hoher Satz pro Anwesenheitsstunde geworden (siehe auch
Excel-Tool Stundenverrechnungssatz). Für eine schnelle Abschätzung in der Praxis kann man sich damit behelfen, den Bruttostundenlohn mit 2 zu multiplizieren, um damit die meisten Effekte des zweiten Lohns abzuschätzen.
Im nächsten Schritt ist zu klären, ob ggf. ein gewisser Anteil der
Anwesenheitsstunden nicht für die Arbeit
genutzt wird. Die Gründe können beim Arbeitgeber liegen (z. B. schlechte Arbeitsorganisation, fehlendes Material, keine Aufträge usw.) oder beim Arbeitnehmer, der z. B. bei Büroarbeiten in der Lage ist, sachfremde Dinge durchzuführen. Es sei angenommen, dass 10 % der Anwesenheitszeit nicht für das Unternehmen gearbeitet wird. Dann reduziert sich der Nenner um diese 10 %, so dass die Kosten auf 22,50/0,9 = 25,00 € pro gearbeiteter Stunde steigen.
Wenn die Personalkosten sehr
ungleichmäßig über das Jahr anfallen, kann es vernünftig sein, sind sie barwertmäßig zu sammeln und dann mit Wiedergewinnungsfaktoren auf die einzelnen Monate zu verteilen.
Beispiel: Leiharbeit oder Neueinstellungen
Ein Unternehmen möge einen zusätzlichen Personalbedarf an Arbeitern haben. Eine Möglichkeit besteht darin, Leiharbeiter zu beschäftigen, wofür der Verleiher einen Stundensatz von 18 €/h verlangt. Das Unternehmen möge einen Stundenlohn von 11 €/h für das Stammpersonal zahlen. Der Produktionsleiter addiert darauf 30 % für die Nebenkosten und ist daher der Ansicht, dass der Leiharbeiter viel zu teuer ist. Diese aus der Praxis kommende Kalkulation ist nicht korrekt. Denn tatsächlich fallen als zweiter Lohn die gleichen Kosten nochmals an, so dass die Kosten pro Einsatzstunde bei ca. 22 €/h liegen würden. Dazu hat das Unternehmen bei den Leiharbeitern eine höhere Flexibilität. Erst wenn längere Einarbeitungsphasen notwendig werden, ist zu überlegen, eigene Mitarbeiter einzustellen. Eine weitere Möglichkeit zur Abdeckung des Personalbedarfs bestünde im Einsatz von Überstunden.
Die
Kosten pro gearbeiteter
Stunde liegen somit häufig deutlich höher als in vielen Unternehmen angenommen wird. Damit besteht die große Gefahr, dass zum Beispiel auch bei Rationalisierungsentscheidungen falsch entschieden wird. Auch das Angebot zusätzlicher Serviceleistungen ist rein wirtschaftlich gesehen nur dann sinnvoll, wenn die vollen
Stundenkosten vom Kunden bezahlt werden. Daher sollten die Unternehmen jedes Jahr die tatsächlichen Kosten pro Arbeitsstunde für alle wichtigen Gruppen von Mitarbeitern ermitteln und diese Wert dann für Kalkulationen zur Verfügung stellen.
letzte Änderung P.D.P.H.
am 07.11.2022
Autor(en):
Dr. Peter Hoberg
Bild:
panthermedia.net / Phovoi R.
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Autor:in
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Herr Prof. Dr. Peter Hoberg
Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Worms. Seine Lehrschwerpunkte sind Kosten- und Leistungsrechnung, Investitionsrechnung, Entscheidungstheorie, Produktions- und Kostentheorie und Controlling. Prof. Hoberg schreibt auf Controlling-Portal.de regelmäßig Fachartikel, vor allem zu Kosten- und Leistungsrechnung sowie zu Investitionsrechnung.
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19.02.2018 08:41:49 - Gast
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