Lean Management konzentriert sich auf eine
Gewinnmaximierung durch Kostenreduktion, es strebt eine Steigerung der Kundenzufriedenheit durch kurze Lieferzeiten und qualitative Produkte bei geringen Kosten an. Den Herausforderungen, welche sich die
mittelständischen Unternehmen stetig stellen, kann durch Lean Management entgegengewirkt werden. Unter dem Begriff Lean ist mehr als nur ein Werkzeugkasten an Methoden und Prinzipien zu verstehen, es ist ein strategischer Ansatz, der auf die Unternehmenskultur abzielt.
Lean Methoden sind ein gängiger Begriff und gemäß Metastudien benutzen eine Vielzahl von Unternehmen diese in ihren Unternehmen. Auffällig ist, dass zwei Drittel der befragten Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau und der Automobil- und Elektroindustrie stammen. Vor diesem Hintergrund ist Ziel der Studie,
Herausforderungen und
Gestaltungsempfehlungen zur Adaption für mittelständische Unternehmen anderer Branchen am Beispiel der Pharmaindustrie zu entwickeln, damit eine höhere Umsetzungschance besteht, dass sich die Methode Lean Management auch in anderen Branchen erfolgreich und nachhaltig Eingang findet.
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Um dieses Ziel zu erreichen, erfolgt eine
Literaturanalyse zu den Themen Lean Management sowie zu
Fallstudien des Lean Managements in der Pharmaindustrie. Zur Vertiefung einschlägiger Herausforderungen und Empfehlungen enthält die Studie eine Teilempirische Untersuchung mittels Experteninterviews.
Lean Management
Grundlegend sind für Lean Management fünf
Prinzipien relevant. Diese Prinzipien beruhen auf dem Lean Gedanken. Der Wert, die Identifikation des Wertstroms, der Fluss, das Pull-Prinzip und die Perfektion. Die Perfektion kann lediglich durch Anwendung aller anderen Prinzipien erfolgen. Als erstes muss der Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung verstanden werden. Dieser definiert sich nicht durch das Unternehmen, sondern durch die Erwartungen des Kunden an ein Produkt. Das
Kundenbedürfnis muss detailliert verstanden werden und exakt bedient werden. Muda (Verschwendung) wird als nicht wertschöpfend definiert, dieses gilt es zu vermeiden. Die
Wertschöpfung soll effizient gestaltet werden, um mit wenigen Ressourcen, das beste Ergebnis zu erzielen.
Der Begriff
Muda wird als Verschwendung aufgrund der englischen Übersetzung bezeichnet, aber im japanischen wird dieser Begriff eher als nutzlose Tätigkeit verstanden. Anhand der verschiedenen Verschwendungsarten lässt sich auch der Wert, für den ein Kunde bereit ist zu bezahlen, verstehen.
Die
Acht Arten der Verschwendung sind:
- Überproduktion mit der Folge von Flächenverschwendung und Entsorgung der Ware;
- entbehrliche Bewegung in Form von unter anderem langen Wegstrecken;
- Warte- zeit durch lange Taktzeit und Lieferverzug;
- Transport mit Belegung von Transportmitteln;
- Prozessüberfüllung durch ungünstige Arbeitsorganisation;
- Bestände mit Bindung von Ressourcen und Flächen;
- Fehler, Ausschuss und Nacharbeit;
- Ungenutztes Mitarbeiterpotenzial mit Verlust von Wissen zur Prozessverbesserung.
Diese genannten Arten der Verschwendung gilt es zu identifizieren und zu vermeiden, um eine stetige
Prozessoptimierung zu gewährleisten.
Das
zweite Prinzip ist die
Identifikation des Wertstrom. Dieser muss analysiert werden. Er umfasst alle Prozesse und Schritte der Herstellung eines Produkts oder Erbringung einer Dienstleistung.
Drei Eigenschaften von Prozessen werden bei einer
Wertstromanalyse immer präsent sein:
- Wertschöpfende Tätigkeiten;
- nicht wertschöpfende, aber notwendige Tätigkeiten;
- nicht wertschöpfende und vermeidbare Tätigkeiten.
Beide nicht wertschöpfenden Tätigkeiten stellen Verschwendung dar, die entweder sofort vermeidbar ist oder im Laufe einer Prozessoptimierung vermeidbar wird.
Die Behebung von Verschwendungen im Wertschöpfungsstrom führt zur Realisierung des dritten Prinzips, der
Flow. Dieser benötigt aber ein
Denken in Prozessen und nicht in Funktionen. Die Wertschöpfung soll ohne Unterbrechungen erfolgen. Auch über die Unternehmensgrenzen hinaus muss die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet werden. Ziel ist es die Prozesse so zu optimieren, dass ein Fluss ohne Verschwendung vom Lieferanten bis zum Endkunden entsteht. Eine
Zeitersparnis ist die Folge.
Hohe Lagerbestände können
fehlende Flexibilität, durch ineffiziente Prozesse abfedern. Umgehen aber lediglich die Probleme und verursachen Kosten. Um diese zu reduzieren, wird das Pull-Prinzip angewendet. Die Produktion startet erst auf Anforderung. Es bilden sich keine Vorräte. Daraus erfolgt, dass der Informationsfluss entgegen dem Materialfluss läuft.
Die vier beschriebenen Prinzipien erfordern ein umfassendes Verständnis der Prozesse, eine
regelmäßige Optimierung und
kurze Durchlaufzeiten, um zu gewährleisten, dass das ganze Konzept der Produktion auf Anfrage zum Erfolg gebracht werden kann. Alle vier Prinzipien beeinflussen sich gegenseitig. Die Möglichkeiten zur Verbesserung sind immer gegeben.
Diese Prinzipien führen zur
kontinuierlichen Verbesserung von
Arbeitsabläufen, Kostensenkungen und Fehlerreduktionen, sodass Produkte besser den Kundenwünschen entsprechen. Das fünfte Prinzip ist die Perfektion. Zur Erreichung der Perfektion ist die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette unabdingbar. Entlang dieser ist es wichtig keine Informationen zurückzuhalten und eng miteinander zu arbeiten, um Verschwendung in allen Bereichen ausfindig zu machen.
Dieser Ansatz wird in der Vorgehensweise
Toyotas deutlich. Die Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette war unabdingbar für den Erfolg, um diese Transparenz zu gewährleisten pflegte Toyota enge Beziehungen zu ihren wichtigsten Lieferanten. In der Massenproduktion der Automobilindustrie wurden Lieferanten gegeneinander ausgespielt. Kurzfristige Verträge mit den preiswertesten Anbietern führten zu flüchtigen Beziehungen, die von Misstrauen geprägt waren. Informationen wurden zurückgehalten, um nicht von Konkurrenten ausgenutzt zu werden.
Toyota hingegen verfolgte einen anderen Ansatz. Durch langfristige Beziehungen wurde ein
aktiver Informationsfluss innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette gefördert. Diese Transparenz ermöglichte es, Verschwendung zu erkennen und zu beheben. Zudem investierte Toyota in einige seiner Lieferanten, die wiederum Anteile an eigenen Lieferanten erwarben. Der Austausch von Personal innerhalb der Wertschöpfungskette trug weiter zur Transparenz und zur Optimierung des gesamten Prozesses bei.
Methoden, Instrumente und Ansätze des Lean Managements
Das Lean Management bietet zahlreiche Methoden,
Instrumente und Ansätze, diese beruhen auf den fünf Prinzipien. Durch Überschneidungen lassen sich diese nicht exakt Kategorisieren.
Die
5S-Methode spiegelt den Wert wider. Die Arbeitsumgebung wird organisiert. Ziel ist die Arbeitserleichterung der Mitarbeiter, was die Effizienz steigert. Die 5S sind abgeleitet aus dem japanischen und mit passenden deutschen Begriffen versehen.
Sortieren (Seiri) bedeutet nicht benötigte Gegenstände zu entfernen, um sich auf den anstehenden Prozess zu fokussieren. Bei dem
Systematisieren (Seiton) werden die benötigten Gegenstände sinnvoll angeordnet.
Das Arbeitsumfeld soll regelmäßig
gesäubert (Seiso) werden, um Defekte schnell zu erkennen. Sind diese drei Schritte durchgeführt, müssen sie
standardisiert (Seiketsu) werden, um langfristig Verschwendung und Unfälle vermeiden zu können. Den Erfolg bringt die
Selbstdisziplin (Shitsuke), die festgelegten Standards einzuhalten.
Die 5S Methode wird in der Literatur um eine
sechste Kategorie ergänzt. Es wird beschrieben, dass die 5S Methode verinnerlicht werden soll, man soll sich an die
Umsetzung gewöhnen (Shukan).
Die
Wertstromanalyse ist eine Methode zur Erfassung und Darstellung der kompletten
Prozesskette. Sie spiegelt das Prinzip des Wertstroms wider. Der
Ist-Zustand wird mit Symbolen visualisiert. Auf Grundlage dessen wird ein Wertstromdesign des Soll-Zustands erstellt. Wichtige
Taktkennzahlen, werden integriert. Alle Prozessschritte von der Anlieferung bis zur Auslieferung werden detailliert dargestellt. Der Material- und Informationsfluss wird transparent und ermöglicht eine Optimierung über Abteilungen hinweg. Verschwendungen und ihre Ursache werden deutlich.
Just-in-Time ermöglicht den Flow. Es werden durch flexible Prozesse der Lieferkette eine allgemeine Flexibilität der Produktion angestrebt. Merkmal sind kleine Chargen, kleine Pufferbestände und hohe Flexibilität mit geringen Prozesskosten. Anforderung für Just-in-Time ist ein verschwendungsfreier Materialfluss über alle Produktions- und Lieferebenen.
Das richtige Produkt zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge und Qualität am richtigen Ort und teilweise ergänzt um den richtigen Preis charakterisieren Just- in-Time.
Überproduktion wird durch eine
Verbrauchssteuerung, bei der verbrauchte Güter sofort nachgefüllt werden verhindert. Dieses Konzept wurde von Taiichi Ohno durch die Beobachtung von Supermarktprozessen inspiriert.
In einem Supermarkt werden durch Entnahme des Kunden, ab einem erreichten Bestand die Ware aufgefüllt, dies lässt sich durch
KANBAN ermöglichen, Es werden Signale zur Auffüllung oder Nachbestellung an die vorgelagerte Produktionsstelle gesendet. Das Vorgehen basiert auf dem
Pull-Prinzip.
Durch
visuelle Gestaltung wird die Koordination der Produktion und Logistik unterstützt. Das Wort wird übersetzt mit Karte. Diese Karten signalisieren eine Bestellung. Die Karten können auch in Form von Behältern sein. Als Beispiel stehen zwei Behälter zur Verfügung. ist ein Packmittel aufgebraucht, entsteht ein Bestellvorgang bei der vorgelagerten Produktionsstelle und es wird ein neuer Behälter produziert. Dieses System ist nicht nur Unternehmensintern anzuwenden, sondern auch mit Lieferanten und Endkunden.
Kaizen auch bekannt als
kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) ist ein Verfahren zur Erreichung der Perfektion ohne nicht wertschöpfende Tätigkeiten und ist als eine grundlegend zu verstehende Denkweise beschrieben. KVP ist Prozessorientiert und erfordert die Einbeziehung aller Mitarbeiter des Unternehmens. Mitarbeiter werden geschult regelmäßig vor Ort nach Optimierungsmöglichkeiten zu suchen. Voraussetzung ist die Kundenzufriedenheit stets zu berücksichtigen und Mitarbeiter für Fehler nicht zu bestrafen. Durch KVP verbessern sich ihre Arbeitsbedingungen und nur so erfolgt eine Veränderung der Unternehmenskultur.
Just-in-Time und KANBAN sind stark abhängig von
Nachfrageschwankungen. Um diesen entgegentreten zu können, gibt es
Heijunka. Es bedeutet den Herstellungsprozess zu glätten, sodass eine gleichbleibende Produktion trotz Nachfrageschwankungen geschaffen wird. Die Auslastung soll konstant bleiben und wird durch ein Heijunka Board ermöglicht. Es ist ein Werkzeug zur Glättung der Auftragsbestände und hilft eine reibungslose Planung der Produktion. Es teilt Aufträge in Kategorien ein und verdeutlicht, welcher Auftrag wann erledigt werden muss und wie viel Kapazität für neue Aufträge noch verfügbar ist.
Der
Shopfloor ist die Produktionsebene, dort wird der Wert geschaffen. Er ist wichtig für die Kundenzufriedenheit und den wirtschaftlichen Erfolg. Die Methode des Shopfloor-Managements ist die Problembeseitigung am Ort der Wertschöpfung. Mitarbeiter gestalten und steuern aktiv die Prozesse und sollten deswegen auch bei der Problembehebung involviert werden.
Nicht nur die Produktivität kann hierdurch gesteigert werden, sondern auch die Qualität der Produkte, was sich auf die Kundenzufriedenheit auswirkt. Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter involvieren, ihre Potenziale nutzen und Verschwendung beseitigen. Es wird eine bessere Arbeitsumgebung geschaffen werden.
Eine wichtige Komponente im Shopfloor-Management ist die
Führungskraft. Ein Umdenken von einer autoritären Figur muss sich hin zu einer Art Lehrer oder Coach ändern, welcher die Mitarbeiter fördert und deren Potenziale entwickelt.
Gestaltung von Lean Management in der Pharmaindustrie
In diesem Kapitel werden
drei Studien und
vier Fallbeispiele aus der Literatur herangezogen, um die Gestaltung des Lean Managements in der Pharmaindustrie zu identifizieren. Auf dieser Basis werden Herausforderungen und Lösungsansätze abgeleitet.
Eine Studie untersuchte
Hindernisse bei der Implementierung KVP und den Status in der
irischen Pharmaindustrie anhand von Umfragen. 97% verwenden in ihren Unternehmen Kaizen. Als Hindernisse für die Umsetzung sahen 12% den Widerstand gegen einen Kulturwandel, 10% Mangel an Training und Weiterbildung und 9% schlechte Vermittlung der Führungskräfte. In einer anderen Frage waren Regulatorische Anforderungen für 45% der Befragten ein Hindernis. Die stärkste Zustimmung dieser Auffassung bekam die Angst vor zusätzlichen Validierungsprozessen.
Am häufigsten benutzt wurden Methoden wie die
Ursache-Wirkungs-Analyse (Ishikawa), die 5-Warum-Methode, 5-S-Methode. Auffallend ist, dass ein Großteil verschiedene Lean Methoden benutzt und regulatorische Anforderungen als Hindernis angesehen werden. Abgeleitet aus dieser Studie stellt auch die Kommunikation durch Führungskräfte eine Barriere dar.
Zu diesem Ergebnis kam ebenfalls eine Studie über das
Engagement des
Top Managements für eine Implementierung von Lean 4.0 im ghanaischen Pharmaproduktionssektor. Die Bedeutung eines sorgfältigen Managements bei der Integration von Lean-Methoden und Industrie 4.0 wird unterstrichen. Beide Studien sind durch einen lokalen Fokus begrenzt aber weisen ähnliche Ergebnisse auf.
Novartis führte
Operational Excellence mit Lean als Adressat für Verschwendung in den Schlüsselmarken ein. Veränderungen durch die Komplexität der Medikamente, standort- abhängige Variation der Nachhaltigkeit von Lean unter anderem durch häufige Führungswechsel waren Probleme. Lean wurde an sich ändernde Unternehmensanforderungen an- gepasst mit dem Ziel eines festgelegten Standards.
Ein Lean Ansatz in
fünf Schritten aus dem Labor wurde auf alle Prozesseinheiten umfunktioniert. Er umfasst auf Nachfrage mit kontinuierlichem Flow ohne Störungen zu produzieren und unterstützende Prozesse zu synchronisieren. Um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess voranzutreiben, wird er messbar und visualisiert. Die Integration von Kunden und Lieferanten war unter anderem ein Ziel. Der Führungsstil wird geprägt durch Lean, um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten.
Pfizer benutzte das Lean Prinzipien zur Verbesserung der Leistung im Anlagennetzwerk. Ziel war die
Effizienzsteigerung durch Reduktion der Verschwendung im Produktion sprozess zur Stabilisierung. Trotz des Erfolgs erkannte Pfizer, dass eine ganzheitliche Veränderung nötig war. Weitere Lean Methoden unter anderem die Wertstromanalyse und das Pull Prinzip wurden eingeführt als Grundlage für Kaizen.
Den ganzheitlichen Ansatz durchzuführen, benötigte ein gemeinsames Führungsverständnis und klare Kommunikation der
Geschäftsziele, sowie den Fokus auf die gesamte Wertschöpfungskette, da die Anwendung von Lean die Lieferzeit um 50% verkürzen konnte.
Das
globale Gesundheitsunternehmen Abbott führte Lean als Ansatz zur Reduzierung von Schwankungen und Verschwendung durch einen Plan, bestehend aus drei Programmen zur Erreichung von Operational Excellence, ein. Eines dieser Programme war Effizienz durch Lean. Angestrebt war eine Verbesserung der Produktivität und Qualität durch Identifizieren von Verschwendung in der Wertschöpfungskette.
Es beinhaltete ein Umfeld der
kontinuierlichen Verbesserung durch Anwendung von Methoden wie der Wertstromanalyse, 5S und Standardisierte Arbeit. Zu erkennen war die Bedeutung eines um- fassenden Wertstromkonzepts. Das Lieferantennetzwerk sollte zuverlässig und reaktionsschnell sein. Für eine nachhaltige Wertschöpfungskette mussten die Partner im Wertstrom betrachtet werden. Die angefertigten Standards der Lean Ansätze wurden auf diese angewendet und die komplette Wertschöpfungskette effizienter gestaltet. Die kontinuierliche Verbesserung wird als iterative Reise beschrieben.
Ein weiteres Beispiel für den Erfolg von Lean bietet der Vertragshersteller steriler Arzneimittel
Hameln Pharma. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein
strategischer Geschäftspartner für seine Kunden zu sein. Dazu gehört die schnelle, sichere und flexible Lieferung von Produkten unter Beibehaltung der Qualität. Hameln ließ einen Standort für Produktion und Verpackung anhand der Lean Prinzipien erbauen.
Ziel war die
Optimierung der technischen und
administrativen Prozesse durch ein angepasstes Design der Produktionsstätte. Der Aufbau des Standortes war angepasst an den Flow des Herstellungsprozess. Das war die erste Phase, die zweite Phase passte organisatorische und kulturelle Faktoren an die technischen Bedingungen an. Die Folge war eine Analyse der Unternehmenskultur.
Die
Ergebnisse waren, ein Abteilungsdenken geprägt von wenig Kommunikation, wenig Veränderungsbereitschaft, reaktive Handlung, starkes hierarchisches
operatives Führungsdenken ohne Engagement zum Austausch mit Mitarbeitern.
Eine Veränderung der
Unternehmenskultur wurde durch einen Ansatz von
fünf Hebeln angestrebt. Diese beinhaltete die Mitarbeiterproduktivität, Anlagenproduktivität, Kapitalproduktivität, Führungsleistung und Geschäftsleistung.
Unter anderem gab es ein
theoretisches und
praktisches Training für die Schichtleiter in verschiedenen Lean-Methoden. Schlüsselaspekte sind das Verständnis der Problemlösung, Standardisierung und Projektmanagement. Die trainierten Kompetenzen sollten an die Mitarbeiter weitergegeben wer- den. Die angestrebte Unternehmenskultur einer organisierten Kunden- und Prozessorientierung mit flachen Hierarchien und proaktiven, selbstständigen und lösungsorientierten Mitarbeitern wurde erreicht.
Aus diesen Studienergebnissen und Fallbeispielen zeigt sich die Gestaltung des Lean Managements und welche Bereiche betrachtet wurden. Die Optimierung der Produktion durch Lean Methoden als Unterstützung und die Gestaltung nach Lean Prinzipien. Die Führung sowie Involvierung, Motivation und Entwicklung der Mitarbeiter sind entscheidend.
Lean als
ganzheitlicher Ansatz erforderte einen Wechsel der Unternehmenskultur. Im Laufe der Anwendung von Lean Management wird die Bedeutung der gesamten Wert- schöpfungskette bemerkbar. Diese Feststellung spiegelt sich auch in der Literatur wider.
Eine
Studie aus 2020 untersuchte durch eine Literaturanalyse den Forschungsstand einer
Lean Supply Chain in der Pharmaindustrie. Ein Ergebnis der Studie war, dass sich der Fokus der veröffentlichten Artikel zu 63,3% den Teil der Herstellung widmet und die Lieferanten, sowie eine integrierte Lieferkette nicht ausführlich untersucht sind. Dies zeigt sich auch in einem weiteren Ergebnis der Studie. Das Lieferanten- und Logistikmanagement wird weniger betrachtet. Es wird festgestellt, dass eine langfristige Beziehung zu den wesentlichen Lieferanten wenig Beachtung findet.
Gestaltung von Lean Management im Mittelstand
In diesem Kapitel wird betrachtet, wie Lean Management anhand eines
Assistenzsystems im Mittelstand gestaltet werden kann und welche Aspekte dabei berücksichtigt werden.
Aufgrund der Forschungslücke zu einer ganzheitlichen und individuell gestaltbaren Anwendung verschiedener Lean Elemente in der Produktion der mittelständischen Pharmaindustrie wurde für die Abstimmung eines Ganzheitliches Produktionssystem (GPS) ein Assistenzsystem entwickelt, um ein unternehmensspezifisches GPS mit passenden Projektplan zur Einführung zu erstellen.
Dieses System soll mittelständischen Unternehmen der Pharmaindustrie einen
strukturierten Ansatz zur Konfiguration bieten. Betont wird die Konzentration auf individuelle Bedürfnisse der Unternehmensziele und -anforderungen. Ziel ist eine Effizienzsteigerung, Kosteneinsparung und Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Es bietet einen informativen
Methodenkatalog zur Auswahl passender Lean Methoden mit Beschreibung zur Anwendung und benötigtem Ressourcenbedarf.
Auftretende Barrieren durch die Akzeptanz der Mitarbeiter soll vorgebeugt werden, indem verdeutlicht wird, dass eventuell bereits Lean Methoden angewendet werden. Hervorgehoben werden die spezifischen Anforderungen der pharmazeutischen Produktion, bei der Erarbeitung eines
individuellen GPS müssen regulatorische Anforderungen berücksichtigt werden.
Charakteristika des Mittelstands sind
Ressourcenknappheit und
flache Hierarchien. Die Geschäftsführung bis hin zum Mitarbeiter muss für den
Erfolg einbezogen werden und das benötigte Wissen geschult werden. Die Konzentration auf die Herstellung spiegelt sich auch im Mittelstand wider. Durch eine Umfrage werden aber auch die Potenziale des Einkaufs und der Logistik verdeutlicht.
Diese Arbeit der Gestaltung des Lean Management in mittelständischen Pharmaunternehmen zeigt eine
Forschungslücke für individuelle ganzheitliche Lean Ansätze. Maßgeblich für die Umsetzung sind die Mitarbeiter und die Anpassung an regulatorische Anforderungen.
Ableitung von Herausforderungen und Lösungsansätzen
Die Herausforderungen des Mittelstands zur Gestaltung des Lean Managements decken sich mit den Herausforderungen. Die Herausforderungen der Ressourcenknappheit kann durch die Eigenschaft des Lean Managements bewältigt werden. Flache Hierarchien, eine gesteigerte Flexibilität und kurze Kommunikationswege stellen potenziell einen
Vorteil für die Gestaltung des Lean Management dar.
Herausforderungen durch die Eigenschaften der Pharmaindustrie in Form von regulatorischen Anforderungen und der Produktkomplexität werden betont. Zahlreiche Lean Methoden werden in der Produktion verwendet. Am Beispiel von Hameln lässt sich zeigen, dass trotz regulatorischer Anforderungen Lean Methoden und Lean Prinzipien umfänglich angewendet werden können.
Lean als ganzheitlichen Ansatz auf alle Unternehmensebenen stellte eine Herausforderung dar, die als Folge Herausforderungen klarer
Unternehmensziele und einer Veränderung der Unternehmenskultur hervorbrachte. Das Assistenzsystem bietet ein Beispiel wie ein individueller ganzheitlicher Ansatz erarbeitet werden kann.
Der
Führungsstil und die
Personalentwicklung stellen als Folge eine weitere Herausforderung dar. Schulungen, Trainings und Weiterbildungen bieten die Möglichkeit des besseren Verständnisses für Lean Management und das Potenzial der Mitarbeiter besser zu nutzen.
Ein Aspekt, der im Laufe der Anwendung von Lean Management hervorsticht, sind Herausforderungen entlang der gesamten
Wertschöpfungskette. Die Logistik und Lieferanten spielen eine entscheidende Rolle. Unternehmensintern wird die Koordination der Prozesse zur Schaffung eines Flows angewendet. Obwohl in der Studie nicht explizit auf das S
upply Chain Management eingegangen wird, könnte die Anwendung des Lean Ansatzes auf das Supply Chain Management die Wertschöpfungskette optimieren.
Das Supply Chain Management betrachtet die gesamte Wertschöpfungskette vom Rohstoff über die Veredelung bis zum Endkunden unter Berücksichtigung die Kundenanforderungen zeitlich- und kosteneffizient zu gestalten. Diese Eigenschaften spiegeln die Lean Prinzipien wider. Das Supply Chain Management kann für die Gestaltung von Lean Management in der Pharmaindustrie eine entscheidende Rolle spielen, da es eine
Reduktion der anfallenden
Bestandskosten haben kann.
Am Beispiel von Toyota lässt sich erkennen, dass die
Beziehung zu
Lieferanten ein Bestandteil ihres Konzepts war, im Lean Management wird die komplette Wertschöpfungskette betrachtet. Novartis und Abbott legten den Fokus auf die Lieferanten.
Empirische Untersuchung
Das Ziel der
Auswertung der Interviews mit ausgewählten Unternehmensberatern ist die Untersuchung von Herausforderungen, die der mittelständischen Pharmaindustrie bei der Gestaltung des Lean Managements zur
Effizienzsteigerung begegnen können. Die daraus entstehenden Daten liefern einen detaillierten Überblick der Herausforderungen für mittelständische Pharmaunternehmen zur Gestaltung des Lean Managements.
Die
Forschungsfrage wird durch die Vorgehensweise der
qualitativen Forschung, anhand von Experteninterviews, untersucht. Diese Methode bietet tiefgehende Einblicke in die subjektiven Erfahrungen der einzelnen Experten zu den Herausforderungen von Lean Management mittelständischer Unternehmen in dieser Branche.
Qualitative Methoden bieten die Möglichkeit die Einschätzungen von Experten zu erfassen. Die Auswertung der Daten erfolgt anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach
Mayrings definierten
Ablaufmodell. Die Experteninterviews wurden aufgrund örtlicher Gegebenheiten per Microsoft Teams durchgeführt. Dies ermöglichte ein flexibles Vorgehen, unabhängig von den Standorten. Die Dauer der beiden Interviews variierte aufgrund der individuellen Zeitpläne der Unternehmensberater.
Die Ergbnisse der
Experteninterviews zeigt, dass die Umsetzung des Lean Management als ganzheitlicher Ansatz, sowie die Veränderung der Unternehmenskultur hin zu einer Lean Denkweise zentrale Herausforderungen darstellen. Diese Herausforderungen gilt es zu überwinden. Die Einführung einzelner Lean Methoden wie die 5S-Methode kann schnell Ergebnisse erzielen, diese sind aber nicht sofort erkennbar und monetär messbar. Das Verständnis eines
langfristigen Verbesserungsprozess muss vorhanden sein und kommuniziert werden. Die Kommunikation der Führungspositionen, insbesondere der Geschäftsführung ist entscheidend.
Regulatorische Anforderungen sind ebenfalls eine Herausforderung, die es zu überwinden gilt. Prozesse sind unter anderem durch GMP validiert und können somit nicht ohne eine entsprechende Kontrolle und Absegnung verändert werden. Die Lösungsansätze dieser Problematik orientieren sich daran, nicht in diese Prozesse einzugreifen. Das Verständnis der Prozesse und welche Veränderungen ohne Absegnung erfolgen können muss gegeben sein. Je weiter man sich von dem eigentlichen Prozess entfernt, desto mehr
Optimierungspotenziale existieren. Die Wertstromanalyse beispielsweise kann Verschwendungen aufzeigen und Optimierungspotenziale identifizieren.
Die Beziehung zu den Lieferanten stellt eine weitere Herausforderung dar. Lösungsansätze sind unter anderem eine
Risikoabschätzung, in Bezug auf
Bestandsschmälerungen. Die Identifizierung der wichtigsten Lieferanten und ihrer Lieferfähigkeit, sowie ein guter Austausch stellt eine Möglichkeit dar. Die Anwendung von Lean auf die Lieferkette sollte erfolgen, sobald es im eigenen Unternehmen als ganzheitlicher Ansatz Anwendung findet.
Die Kosten der Umsetzung erhalten die wenigste Betrachtung. Lösungsansätze sind
einzelne Mitarbeiterschulungen.
Praktische Implikation
Anhand der Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich einige
Lösungsansätze für mittelständische Unternehmen, insb. Pharmaunternehmen zur Gestaltung des Lean Managements zur Effizienzsteigerung ableiten, mit denen sie den auftretenden Herausforderungen entgegentreten können.
Die regulatorischen Anforderungen stellen zwar eine Herausforderung dar, dennoch kann nach Optimierungspotenzialen gesucht werden. Eine
Wertstromanalyse könnte hier ein erster Ansatz sein. Sie bietet einen tiefen Einblick in die Prozesse und Abläufe des Unternehmens, zeigt Verschwendungen auf und liefert erste Anhaltspunkte, wo die Probleme des Unternehmens liegen. Lean Management bietet einige Möglichkeiten nicht in die regulierten Prozesse einzugreifen, sondern den generellen Wertstrom zu verbessern.
Lean Management besteht jedoch nicht aus der Anwendung einzelner Methoden, es sollte als ganzheitlicher Ansatz verstanden und umgesetzt werden. Das Verständnis des eigenen Unternehmens, eine klare Definition der zu verfolgende Ziele und die Kommunikation dieser Ziele an die Belegschaft sind essenziell, um den folgenden Wandel der Unternehmenskultur zu fördern.
Bei der Einführung eines
ganzheitlichen Lean Ansatzes sollten stets die fünf Prinzipien des Lean Managements verfolgt werden. Gerade das erste Prinzip, das Produkt aus Betrachtung der Kundensicht, wofür ist der Kunde bereit ist zu bezahlen, bietet das Verständnis Verschwendung zu erkennen.
Lean bedeutet auch die Mitarbeiter zu involvieren und die achte Art der Verschwendung zu beseitigen, ungenutztes Mitarbeiterpotenzial. Der Führungsstil darf nicht autoritär erfolgen, die Mitarbeiter sollten gefördert werden und aufgezeigt bekommen, wie Lean Management ihnen ihre Arbeit erleichtert, als Beispiel durch besser organisierte Prozesse und kürzere Laufwege. Nur in
Zusammenarbeit mit der gesamten Belegschaft kann Lean vollständig zum Erfolg führen.
Die Supply Chain wird in der Forschung bisher weniger betrachtet, auch aus den Experteninterviews gingen weniger Informationen zu der Gestaltung einer Lean Supply Chain hervor. Lean Management betrachtet den gesamten Wertschöpfungsstrom, genau wie das Supply Chain Management. Hier bieten sich weitere Potenziale zur
Effizienzsteigerung durch Kommunikation mit den Lieferanten und der Bildung von langen und stabilen Beziehungen. Berücksichtigt werden sollte, dass dies erfordert, Lean als ganzheitlichen Ansatz bereits integriert zu haben.
Explizite Herausforderungen des
Mittelstands, wie Ressourcenknappheit sind kein Hindernis für die Anwendung von Lean Management. Die Eigenschaft der flachen Hierarchien bietet sogar die Möglichkeit der flexiblen Gestaltung. Solange die Geschäftsführung das nötige Wissen über die Lean Prinzipien besitzt. Mittelständische Pharmaunternehmen sollten verstärkt in die Schulung ihrer Mitarbeiter investieren.
Schulungen im Lean Management bieten die Möglichkeit das Verständnis zu fördern und im Unternehmen zu etablieren. Daraus kann ein Umdenken erfolgen und fördert den Kulturwandel. Die Investition in die Mitarbeiter hilft auch dem Fachkräftemangel zu begegnen. Ein Ansatz der effizienten Gestaltung bietet das in dieser Arbeit erwähnte Assistenzsystem.
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- McDermott, Olivia; Antony, Jiju; Sony, Michael; Daly, Stephen (2021): Barriers and Enablers for Continuous Improvement Methodologies within the Irish Pharmaceutical Industry (10). In: Pr cesses, 30.12.2021 (1).
- Seller, Colin; Davis, Richard (2013): From Process Stabilization to Plant Network Performance: Pfizer’s Journey to Operational Excellence. In: Thomas Friedli (Hg.): Leading pharmaceutical operational excellence. Outstanding practices and cases. Berlin, Heidelberg: Springer (Management/Business Professionals), S. 117–130.
- Starke, Valentin; Kumor, Joseph (2013): Abbott Pharmaceuticals Journey of Business Excellence Standards. In: Thomas Friedli (Hg.): Leading pharmaceutical operational excellence. Outstanding practices and cases. Berlin, Heidelberg: Springer (Management/Business Professionals), S. 153–168.
- Staufen AG; Institut PTW der Technischen Universität Darmstadt (2016): 25 Jahre Lean Management. Hg. v. Staufen AG und Institut PTW der Technischen Universität Darmstadt. Online verfügbar unter chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.stau- fen.ag/wp-content/uploads/STAUFEN.-studie-25-jahre-lean-management-2016-de_DE.pdf.
- Werani, Jürgen; Pfahlert, Volker; Reimers, Kai; Diederich, Gert (2013): Implementing an OE Strategy on Plant Level. In: Thomas Friedli (Hg.): Leading pharmaceutical operational excellence. Outstanding practices and cases. Berlin, Heidelberg: Springer (Management/Busi- ness Professionals), S. 189–207.
- Argiyantari, Berty; Simatupang, Togar M.; Hasan Basri, Mursyid (2020): Pharmaceutical supply chain transformation through application of the Lean principle: A literature review (13). In: JIEM (3), S. 475.
letzte Änderung P.D.M.B.
am 28.07.2025
Autor:
Herr Prof. Dr. Marco Boehle
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Autor:in
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Herr Prof. Dr. Marco Boehle
Herr Marco Boehle ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insb. Rechnungswesen und Controlling. Er lehrt an der Fachhochschule Dortmund sowie forscht und berät Unternehmen zu den Themen proaktives, dynamisches Kostenmanagement, Digitales Controlling und zu modernen Vertriebsmethoden. Neben seiner Berufszeit in der Steuerberatung war er mehrere Jahre als Berater und Projektleiter bei der DATEV eG für die Zielgruppe der Mittelständler und des Public Sectors tätig. Deine Dissertation behandelt das Thema Wirkungsorientierung zur strategischen Steuerung öffentlicher Einrichtungen.
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