Überschuldung von Unternehmen – rechnerisch und rechtlich

Stefan Parsch
 

Schulden zu haben, ist für die meisten Unternehmen und viele Privatpersonen ein völlig normaler Zustand. Problematisch wird es erst dann, wenn es schwierig wird, Ratenzahlungen oder vereinbarte Zins- oder Kreditrückzahlungen zu leisten. Dann droht die Überschuldung, die für Kapitalgesellschaften mit einer Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags verbunden ist. Doch eine bilanzielle oder rechnerische Überschuldung ist nicht mit einer rechtlichen Überschuldung gleichzusetzen.

Rechnerische und rechtliche Überschuldung

Die einfachste Definition einer Überschuldung besagt, dass sie vorliegt, wenn die Schulden oder Verbindlichkeiten die vorhandenen Vermögenswerte übersteigen. Doch jeder Haushälter und Controller weiß, dass man Vermögenswerte unterschiedlich ansetzen und berechnen kann. Schon die handelsrechtliche und die steuerrechtliche Bilanz unterscheiden sich oft. Ein handelsrechtlicher Jahresabschluss, bei dem nicht alle Verbindlichkeiten durch Eigenkapital gedeckt sind (bilanzielle Überschuldung), kann bei einem Unternehmen durch erlittene Verluste entstehen. Das Eigenkapital ist dann aufgebraucht bzw. negativ. Für diesen Fall schreibt § 268 Abs. 3 HGB (Handelsgesetzbuch) vor, auf der Aktivseite der Bilanz einen gesonderten Posten auszuweisen: „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“. Wenn dieser Posten in die Bilanz aufgenommen werden muss, ist dies zumindest ein Indiz dafür, dass eine rechtliche Überschuldung nach § 19 InsO (Insolvenzordnung) vorliegen könnte.

§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO definiert die rechtliche Überschuldung für Unternehmen, die eine juristische Person darstellen, z. B. Kapitalgesellschaften, so: "Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich." 

Den zweiten Teil des Satzes hat der Gesetzgeber 2008 während der Finanzmarktkrise hinzugefügt. Zuvor war lediglich eine Fortführungsprognose bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners zu berücksichtigen. Die Gesetzesänderung sollte angeschlagene Finanzinstitute vor der Insolvenz schützen, denn trotz rechnerischer Überschuldung waren sie in der Regel nicht zahlungsunfähig. Zahlungsunfähigkeit begründet wiederum die Pflicht zum Stellen eines Insolvenzantrags (§ 17 InsO).

Letzte Änderung W.V.R am 06.04.2023

Autor(en): Stefan Parsch
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