Neulich im Golfclub: Gewinner und Verlierer des höheren Mindestlohns
Es war wieder soweit. Nach einer anstrengenden Woche trafen sich die erfolgreichen Unternehmer der Kleinstadt wieder im örtlichen Golfclub, weniger des Sportes wegen, sondern hauptsächlich, um unter sich zu sein. Sie saßen im gemütlichen Kaminzimmer und wurden von Ihrer Lieblingskellnerin Pauline bedient. Sie war BWL-Studentin und freute sich schon immer auf die Unternehmerrunde. Neben den großzügigen Trinkgeldern gab es häufig amüsante Streitgespräche, im Laufe derer die Unternehmer ihr Praxisferne vorwarfen, sie aber häufig mit neuen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen ganz frisch aus der Vorlesung für Verblüffung sorgen konnte. Dies war für die erfolgsgewohnten Unternehmer nicht ganz unwichtig, denn als Patriarchen der alten Schule gab es in ihren Unternehmen keine ausgeprägte Diskussionskultur. Viele ihrer Mitarbeiter hatten sich damit abgefunden, dass der Chef immer Recht hatte und wagten kaum noch, auf Probleme hinzuweisen. Auch deswegen war der Golfclub nützlich, denn von Kollegen konnte man ja Ratschläge (und natürlich Aufträge) annehmen. Der Ablauf der munteren Runde startete immer gleich. Nachdem jeder unaufgefordert sein Lieblingsgetränk erhalten hatte, wurde gefragt: „Nun, Paulinchen, was hast Du denn diese Woche Besonderes an der Hochschule gelernt?“ Meist wurde noch ein Studentenwitz angehängt (schön, dass Du uns zuliebe schon um 15 Uhr aufgestanden bist).
Gewinner und Verlierer des höheren Mindestlohns
An diesem Tag hatte man wie üblich über die verrückten Steuerentscheidungen der Regierung geschimpft. Man regte sich über den kontraproduktiven Tankrabatt und dann die "Gaspreisbremse" auf. Danach aber war die Stimmung der Runde ausnahmsweise gut, weil man über den auf 12 €/h erhöhten Mindestlohn diskutierte, der zum 1.10.2022 eingeführt wurde. Pauline war zunächst überrascht, dass die Einführung fast ausnahmslos begrüßt wurde; denn sie hatte ja gelernt, dass die Nachfrage bei Preiserhöhungen zurückgeht und dass die Kosten der Arbeitgeber stiegen.
Als Dieter Durchblick den fragenden Blick von Pauline sah, erläuterte er die Freude der Unternehmer: "Wir leben ja hier in den alten Bundesländern, und dazu in einer Boomregion. Hier beträgt der Lohn selbst für Ungelernte schon häufig über 15 €/h."
Kurt Kappe, der Hersteller von Flaschenverschlüssen, unterstützte: "Ich muss schon über 20 €/h zahlen, wenn ich Mitarbeiter gewinnen will, die zumindest eine geringfügige Qualifikation mitbringen. Also betrifft uns der erhöhte Mindestlohn überhaupt nicht."
Letzte Änderung W.V.R am 12.11.2022
Autor(en):
Dr. Peter Hoberg
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