um die Überschrift näher zu Erläutern: Man studiert, wählt den Schwerpunkt Controlling und freut sich nach Abschluss des Studiums eine seinem Schwerpunkt entsprechendem Stelle als Controller gefunden zu haben. Man freut sich vor allem deshalb, weil man nach dem Studium während der Arbeitssuche festgestellt hat, dass so gut wie in allen ausgeschriebenen Stellen als Anforderung "mit Berufserfahrung" enthalten ist. Und trotzdem hat es geklappt!
Man beginnt zu arbeiten und ist stolz darauf, sich schnell eingearbeitet zu haben. Vieles was man im Studium gelernt hat wird nämlich gar nicht benötigt. Als praxisrelevant stellen sich primär Kenntnisse in der Kostenrechnung und den Investitionsrechenverfahren heraus. Hinterhertelefonieren, auf Informationen warten und viele Diskussionen zur Informationsbeschaffung waren kein Bestandteil des Studiums, bringt aber der Beruf so mit sich. Das ist jedoch schnell erlernt.
Reporting beansprucht einen größeren Teil der Arbeitszeit. Das nimmt man am Anfang noch sehr ernst. Die IT übernimmt hier viele Aufgaben, das erleichtert die Arbeit in diesem Bereich mehr und mehr. Allerdings stellt man bald fest, dass die meisten Reports ohnehin nicht gelesen werden, so geht man mit der Zeit das ganze etwas lockerer an.
Trotz allem macht der Beruf Spaß. Irgendwann erkennt man aber, dass die wirklichen Kernprozesse des Unternehmens, nämlich Entwickeln, Einkaufen, Produzieren und Verkaufen doch als viel wichtiger angesehen werden als der "Zahlenknecht" im Controlling. Das Unternehmen läuft auch ohne ihn.
Kommt die Einkaufsabteilung für die nächsten 4 Wochen nicht mehr in die Firma, steht die Produktion und es wird damit kein Umsatz mehr gemacht. Das tut weh! Kommt das Controlling die nächsten 4 Wochen nicht ins Haus, hat dies bei weitem nicht diese Ausmaße. Am Umsatz bzw. Absatz hat sich nichts geändert.
Den Stellenwert, den das Controlling lt. Lehrbücher (zu Recht!) haben sollte, hat es in der Unternehmenspraxis deshalb bei weitem nicht. Höchstens bei ein paar Großkonzernen, aber nicht im weit verbreiteten Mittelstand.
Deshalb steigt man fachlich immer tiefer ein, Weiterbildung ist ja wichtig. Vieles davon verpufft jedoch, da es an der Tatsache nichts ändert, dass das fachliche Wissen aus den ersten beiden Berufsjahren meist ausreicht. Trotzdem macht es in der Firma einen guten Eindruck, was erfreulich ist.
Ein paar Jahre sind jetzt also schon gearbeitet, der 30. Geburtstag schon 2 - 3 Jahre vorbei und man macht sich langsam Gedanken über die Zukunft. Es ist heute unwahrscheinlich, für 30 Jahre im gleichen Unternehmen zu sein. Der Konkurrenzkampf am Arbeitsmarkt ist hart, wer sich nicht weiterentwickelt bleibt stehen. Die "Verwaltung" ist immer das erste Ziel wenn es um Rationalisierung geht. Die Entwicklung im IT-Bereich schreitet zügig voran und automatisiert viele Aufgaben. Firmen können schnell in Schieflage geraten, was zum Jobwechsel zwingt.
Die Zeiten haben sich also geändert. Außerdem will man als Controller auch wirklich mal der Lotse sein, nicht nur primär der Reporter-Ersteller und Zahlenknecht.
Nun gut, wie könnte man sich weiterentwickeln? Stellen als kaufm. Leiter sind rar und müssen erst einmal frei werden.
Aber Weiterbildungsangebote gibt es wie Sand am Meer. Fundierte Berufserfahrung konnte auch schon gesammelt werden. Der Jobwechsel dürfte somit kein Problem sein. Man braucht nur Geduld und etwas Glück, dann kommt schon das richtige. Mit Anfang 30 klappt das noch.
Aber was stellt man bei der Suche fest? Abgesehen von Großkonzernen wird das Controlling in den meisten Unternehmen neben der Buchhaltung nur als Zahlenaufbereiter und Zahlenbeschaffer gesehen. Das können Berufsanfänger auch. Zumal sind diese "günstiger". Die Einarbeitungszeit ist nicht lange, 2 - 3 Jahre Berufserfahrung reichen allemal um die gängigen Praxisanforderungen zu erfüllen. Das bestätigt auch der Großteil der Stellenausschreibungen. Vieljährige Erfahrung und gute Kenntnisse der Unternehmenspraxis, das "wie eine Firma funktioniert" wird gar nicht unbedingt benötigt. Der "Lotse" kann wie es scheint gerne im Lehrbuch bleiben.
Viel Erfahrung zählt somit nur bei Tätigkeiten in den Kernprozessen. Man ist mit Anfang 30 also schon nicht mehr der Jüngste, zwar noch nicht "ganz Alt" aber im Controlling doch schon im "weit fortgeschritten" Alter.
Die Rente gibt es erst mit 67. Firmen stellen aber Leute ab 40 nur noch dann ein, wenn sie dem Unternehmen wirklich was bringen, was ein 30 Jähriger nicht bring. Darunter fällt ein Controller wie es scheint nur in den seltesten Fällen.
Was also im Hinblick auf die Zukunft tun? Wie es aussieht, kann diese im Controlling nicht liegen. Die gängige Praxis bietet diese leider nicht. Man ist für die überwiegend gesuchten Anforderungen meist sehr schnell „Überqualifiziert“. Eine Stelle als kaufm. Leiter oder gar Geschäftsführer gibt es nicht für alle Controller.
Wo könnte man sich als Controller also hin entwickeln, um auch jenseits der 30 ein gefragter Fachmann zu bleiben. Also Fachwissen zu haben, das für eine gängige Firma des Mittelstandes so interessant sein könnte, auch einen "Oldie" ab 40 einzustellen.
Möchte betonen, dass ich derzeit keine neue Stelle suche, noch keine 40 bin und das Ganze ein Gedankenspiel ist. Meiner Meinung nach trifft o.g. Einschätzung in der Realität aber zu. Häufig stellt sich mir daher die Frage:
Heute Controller, aber was dann?