85 Prozent der Unternehmen beschäftigen sich mit dem
Aufbau eines Ökosystems. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Horváth. Die Unternehmen reagieren damit auf die steigende Nachfrage nach ganzheitlichen Service- oder Produktangeboten. Allerdings vernachlässigen sie dabei dir Alltagstauglichkeit des Angebots und unterschätzen die Bedeutung einer gemeinsamen
Datenstrategie.
Von einem
Business-
Ökosystem oder einem
Value Network spricht man, wenn sich
drei oder mehr Unternehmen zusammentun, um einen Service anzubieten, den keiner der Teilnehmer allein hätte anbieten können. Ein Business-Ökosystem entstehe beispielsweise, wenn sich ein Automobilhersteller, der in den privaten und öffentlichen Mobilitätssektor vordringen will, mit einer bestehenden Online-Plattform und einem Versicherer zusammentut, um
neue Geschäftsideen zu entwickeln und umzusetzen, erklärt die Unternehmensberatung Roland Berger, die das Phänomen gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität St. Gallen in der Schweiz untersucht hat.
Langfristige Profitabilität hängt von Netzwerken ab
Eine Horváth-Studie bestätigt aktuell die steigende Bedeutung dieser Ökosysteme. Mittlerweile habe sich schon unter dem Einfluss der
Digitalisierung die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Unternehmen allein langfristig auch in seinem
Kerngeschäftsfeld nicht erfolgreich sein könne, teilt die Unternehmensberatung zur Veröffentlichung der Studie mit. Die Studie unter mehr als 120 Topmanagern und -managerinnen zeigt, dass sich 85 Prozent der Unternehmen konkret mit Überlegungen zum Aufbau eines Business-Ökosystems befassen. Die
Profitabilität eines Unternehmens werde zukünftig stark davon abhängen, wie gut es branchenübergreifend und auch mit dem Wettbewerb vernetzt sei, resümieren die Autoren. Und zwar nicht in losen Kooperationen, sondern in Form gemeinsamer Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsnetzwerke.
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Die meisten Netzwerke in der Konzeptphase
Allerdings zeigte sich, dass weniger als jedes dritte Unternehmen bisher über die
Konzeptionsphase hinausgekommen ist.
Begehrte Partner seien vor allem Unternehmen mit großem Kundenstamm, Monopolstellung im Markt oder innovativem Geschäftsmodell, da sie für das Ökosystem von besonderer strategischer Bedeutung sein können. In der Startphase favorisieren die Unternehmen
Netzwerke von vier bis sechs Partnern. Besonders ausgeprägt zeige sich laut Studie die Entstehung von Netzwerken in der
Mobilität und beim
Wohnen, in denen zusammen eine Mehrheit von 62 Prozent den Aufbau eines Ökosystems anvisiere, erklären die Autoren weiter.
Alltagsrelevanz: Zahnbürstenregel oft missachtet
Die Autoren der Studie warnen vor falschen Schwerpunkten für Business-Ökosysteme: Während die Faktoren "
Purpose" und "
Wertversprechen" eines Ökosystems von 44 beziehungsweise 49 Prozent der Befragten als sehr wichtig für den Erfolg eines Ökosystems bewertet werden, wird der Faktor "
Alltagsrelevanz" mit 23 Prozent
unterschätzt. "Alltagsrelevanz sichert die Kundenschnittstelle, lässt die Kunden wiederkommen und entscheidet über den langfristigen Erfolg eines Ökosystems", sagt Horváth-Experte und Studienleiter Jörg Schönhärl. Er verweist auf die "
Zahnbürstenregel" von
Google, nach der ein Produkt idealerweise ein- bis zweimal am Tag benutzt werden sollte. Diese Regel sollten auch Business-Ökosysteme beherzigen. Mindestens ein Partner müsse im Alltag der Kunden täglich relevant sein.
Datenstrategie als Grundlage für erfolgreiche Netzwerke
Auch die
Nutzung von Daten wird in Netzwerken oft unterschätzt. Lediglich 36 Prozent der befragten Topmanager*innen bewertet eine Datenstrategie als sehr wichtig für den Erfolg eines Ökosystems. "Dem Ökosystem sollte von vornherein eine Datenstrategie zugrunde liegen, die konkret aufzeigt, wie, aus welcher Quelle und zu welchem Zweck Daten erhoben und eingesetzt werden sollen“, so Horváth-Experte Jörg Schönhärl. "Die Strategie muss beantworten, wie regulatorische Hürden entschärft, Mehrwerte durch neuartige datengetriebene Produkte und Services für den Kunden geschaffen und neue Ertragsströme realisiert werden können."
Durchhaltevermögen gefragt
Realistischer schätzen die Befragten die "Durststrecke" ein, die es braucht, bis ein Ökosystem sich für alle Marktteilnehmer auszahlt. 42 Prozent sind sich bewusst, dass Aufbau und Weiterentwicklung eines Ökosystems Zeit brauchen. Weitere 39 Prozent bezeichnen Durchhaltevermögen zumindest als „eher wichtig“. Der Zeithorizont könne durchaus viele Jahre betragen, äußerte ein Teilnehmer der Studie. Allerdings müsse der aktuelle Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum zu erwartenden Ertrag stehen. Value Networks sollten im Management daher ganz oben verankert sein. Dies ist laut Studie immerhin bei 47 Prozent der Unternehmen aus der Stichprobe der Fall.
Über die Studie
Für die im Dezember 2021 veröffentlichte "Ökosystemstudie 2021 – Mechaniken und Bausteine für eine erfolgreiche Evaluation zum Ökosystem" wurden branchenübergreifend 120 Topmanagerinnen und -manager zu ihren Präferenzen, Plänen und Einschätzungen in Bezug auf Ökosysteme befragt.
Erstellt von (Name) W.V.R. am 06.01.2022
Geändert: 06.01.2022 16:20:16
Autor:
Wolff von Rechenberg
Quelle:
Horváth & Partners, Roland Berger
Bild:
Panthermedia.net / Alexander Kirch
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